Jimi Hendrix: Der Gitarrengott wäre heute 80 Jahre alt geworden
Jimi Hendrix revolutionierte in den 1960er Jahren das Gitarrenspiel, avancierte zur Ikone der Gegenkultur – und verstarb viel zu jung mit nur 27 Jahren. Heute wäre das Genie 80 Jahre alt geworden.
Jimi Hendrix (1942-1970) gilt gemeinhin als der grösste Rock-Gitarrist aller Zeiten. In seiner nur vier Jahre währenden Mainstream-Karriere veröffentlichte Hendrix zwischen 1966 und 1970 drei Studioalben sowie eine Live-Platte, spielte weltweit Hunderte Konzerte, wurde prägend für das elektrische Gitarrenspiel, legte die Grundsteine für Hard Rock, Heavy Metal und Funk, und stieg zur Ikone der Gegenkultur der späten 1960er Jahre auf – nur um am 18. September 1970 nach der Einnahme zu vieler Schlafmittel an seinem eigenen Erbrochenen zu ersticken. Hendrix wurde lediglich 27 Jahre alt – und somit Mitglied im berüchtigten «27er Club», dem auch die ebenfalls viel zu früh verstorbenen Musik-Legenden Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain und Amy Winehouse angehören.
Anfänge als R'n'B-Musiker
Im Alter von 15 Jahren soll Hendrix mit dem Gitarre-Spielen begonnen haben. Nach einer Zeit bei der US-Armee – er diente als Fallschirmjäger – begann Hendrix, als Musiker durch die USA zu touren. Er verdingte sich als Back-up-Gitarrist für schwarze R'n'B-Acts wie Jackie Wilson, Wilson Pickett, die Isley Brothers, Ike & Tina Turner sowie Little Richard. Eine überaus harte Schule. Der Freigeist war hier gezwungen, ins Glied zurückzutreten und beispielsweise auf der Bühne ungeliebte Anzüge zu tragen.
Mitte der 1960er Jahre zog Hendrix nach Harlem, und wurde schliesslich im legendären Cafe Wha? im New Yorker Greenwich Village von Chas Chandler (1938-1996) entdeckt. Der ehemalige Bassist der Animals wollte ins Management-Fach wechseln – und brachte Hendrix im September 1966 ins Swinging London.
Hendrix selbst beschrieb das Ganze einmal so: «Chas bat mich, nach England zu gehen und eine Gruppe zusammenzustellen. Chas kennt eine Menge Telefonnummern». Rasch stiessen Bassist Noel Redding (1945-2003) und Drummer Mitch Mitchell (1946-2008) zur Band, und die Jimi Hendrix Experience war geboren.
Eric Clapton wird Jimi-Hendrix-Fan
Das Herz der Rockmusik schlug Mitte der 1960er Jahre in der britischen Hauptstadt London. So organisierte der bestens vernetzte Manager Chandler, dass Newcomer Hendrix mit der auch gerade erst formierten Supergruppe Cream rund um Eric Clapton (77) auftreten konnte. Hendrix betrat die Bühne, und spielte «Killing Floor» von Blues-Legende Howlin' Wolf (1910-1976).
Manager Chandler erinnert sich in «Hendrix: Setting the Record Straight»: «Clapton stand da und seine Hände fielen von der Gitarre. Er taumelte von der Bühne [...]. Ich ging hinter die Bühne und [Clapton] versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden». So beeindruckt war der zu diesem Zeitpunkt beste Gitarrist Londons von Hendrix' virtuosem Gitarrenspiel.
Durchbruch in den USA
Grossbritannien lag Hendrix schnell zu Füssen. Die erste Experience-Single «Hey Joe» kletterte Anfang 1967 auf Platz sechs der Charts, die zweite Veröffentlichung «Purple Haze» im März desselben Jahres auf Platz drei. «Are You Experienced», das erste Album der Jimi Hendrix Experience, schaffte es dann zu Beginn des «Summer of Love» gleich auf Position zwei der britischen Charts. Lediglich «Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band» der Beatles verwehrte Hendrix seine erste Nummer eins.
Hendrix' Durchbruch in den USA markierte dann im Sommer 1967 der Auftritt seines Trios beim legendären Monterey Pop Festival, dem ersten riesigen Hippie-Musikfestival überhaupt. Hendrix betrat nach The Who die Bühne, und da Pete Townshend (77) und Co. dafür berühmt waren, als Abschluss ihrer Gigs ihre Instrumente zu zertrümmern, steckte Hendrix gleich seine Fender Stratocaster-Gitarre in Brand, um sein ohnehin schon atemberaubendes Set abzuschliessen und The Who zu toppen. Augenblicklich ging er dadurch in die Rock-Geschichte ein.
Danach stellten sich auch in seinem Heimatland die Chart-Erfolge ein. Das Debüt-Album «Are You Experienced» kletterte im Spätsommer 1967 auf Position fünf der Billboard 200-Charts.
Jimi Hendrix und die Drogen
Nach seinem Tod ergab die gerichtsmedizinische Untersuchung, dass Hendrix an seinem letzten Tag auf Erden Alkohol, Cannabis und Amphetamin konsumiert hatte. Zum Verhängnis wurde ihm jedoch das Schlafmittel Vesparax, von dem er neun Tabletten und damit das 18-fache der empfohlenen Dosis eingenommen haben soll. Eine halbe Vesparax-Tablette soll ausgereicht haben, um einen erwachsenen Mann acht Stunden schlafen zu lassen.
Seinen Drogenkonsum scheint das Genie Hendrix nicht besonders genau gesteuert zu haben. Sein Freund Deering Howe beschrieb das einmal folgendermassen: «Jimi würde sich eine Handvoll Zeug reinpfeifen, und wusste dabei nicht einmal, was er nahm».
Hendrix' Zeitgenosse Brian Auger (83) erinnerte sich in «The Guardian» an ein Treffen aus dem Jahr 1970: «Sein Hautton – und der seiner Freundin – war grau und sah wirklich ungesund aus». Hendrix habe dann eine Alufolie aus seiner Tasche genommen, die darin enthaltene Substanz konsumiert und Auger anschliessend angeboten, was dieser ablehnte. Daraufhin habe Hendrix erklärt: «Brian, ich sollte mehr Menschen wie dich um mich haben».
Jimi Hendrix in Woodstock
Im Jahr 1969 war Hendrix der bestbezahlte Musiker der Welt. Sein drittes Studioalbum «Electric Ladyland» mit Hits wie dem Bob-Dylan-Cover «All Along the Watchtower» und «Voodoo Child (Slight Return)» hatte ein Jahr zuvor die Spitze der US-Charts erobert. Im August 1969 trat Hendrix dann beim legendären Woodstock-Festival auf – und begeisterte besonders mit seiner innovativen Version der US-amerikanischen Nationalhymne.
Die vertraute Melodie des «Star-Spangled Banner» vermengte Hendrix mit Feedback und Verzerrungen, und erzeugte so Klänge, die an Raketen, fallende Bomben und Explosionen erinnern. In den Augen seiner Zeitgenossen setzte Hendrix hier ein Statement gegen den Vietnam-Krieg, und erschuf gleichzeitig eine Art neue Nationalhymne für ein utopisches, post-militaristisches Amerika. In Woodstock wurde der stets flamboyant gekleidete Hendrix endgültig zur Ikone der Gegenkultur. Als er nach seinem Montagmorgen-Set zum Abschluss des Festivals die Bühne verliess, kollabierte Hendrix vor Erschöpfung. Er soll drei Tage am Stück wach gewesen sein.
Jimi Hendrix' Nachlass
Neben unzähligen Live-Auftritten nahm Hendrix konstant neue Musik auf. In New York liess er für die damals astronomische Summe von einer Million US-Dollar die Electric Lady Studios erbauen. Hendrix selbst nahm vor seinem viel zu frühem Tod dort lediglich für zehn Wochen auf, nachdem das Studio 1970 fertiggestellt wurde. Seitdem haben es Künstler wie David Bowie, Stevie Wonder, Kanye West und Lady Gaga frequentiert.
Im Studio galt Hendrix als Perfektionist, der die Klänge, die er in seinem Kopf hörte, aufs Band bannen wollte. «Die meiste Zeit liege ich tagträumend herum und höre all diese Musik», erklärte der Künstler selbst im Jahr 1970 dem «Rolling Stone»-Magazin. «Wenn du dir dann die Gitarre schnappst und versuchst, es zu spielen, ruiniert es die ganze Sache [...]. Ich kann die Gitarre einfach nicht gut genug spielen, um all das zusammenzukriegen».
So entstanden unzählige unveröffentlichte Hendrix-Aufnahmen, die in den vergangenen Jahren von der Firma Experience Hendrix herausgegeben wurden, die sein Vater Al im Jahr 1995 gegründet hat. Noch immer sollen jährlich hunderttausende Tonträger von Hendrix über die Ladentheken gehen. Nicht auszumalen, was alles hätte sein können, wenn das Musik-Genie nicht im Alter von 27 Jahren verstorben wäre. Am heutigen 27. November wäre Jimi Hendrix 80 Jahre alt geworden.