Alpen-Initiative hässig auf Albert Rösti wegen Risiko-Aussage
Nach dem Gotthard-Unfall will Albert Rösti Risiken im Verkehr vermeiden. Doch nicht alle finden seine Haltung konsequent. Ein grosses Risiko bleibe.
Das Wichtigste in Kürze
- Verkehrsminister Rösti will insbesondere nach dem Gotthard-Unfall Verkehrsrisiken mindern.
- Die Aktivisten der Alpen-Initiative finden, er sollte ein spezifisches Problem angehen.
- Gefahrguttransporte über den Simplonpass seien seit Jahren ein ungelöstes Risiko.
Drei Wochen sind seit dem Unfall im Gotthard-Tunnel vergangen. Die Schäden haben sich zum Glück auf den Tunnel beschränkt, niemand verletzt, niemand gestorben. Und doch, wie kürzlich Bundesrat Albert Rösti sagte: Die Entgleisung habe aufgezeigt, wie viel vom Gütertransport und vom funktionierenden System abhängig sei.
Deswegen gelte es, nicht «alles auf eine einzige Karte» zu setzen, sondern die Risiken auf alle Verkehrsträger zu verteilen. «Immer mit Rücksicht auf Menschen und Umwelt», fügte Albert Rösti hinzu.
Das tönt schön und gut, tönt es vom Komitee der Alpen-Initiative. Nur: Ein Risiko ist seit längerer Zeit bekannt und wird vom Bundesrat toleriert.
Gefährliche Transporte über den Simplonpass sind seit neun Jahren Thema
Über den Simplonpass werden immer noch Gefahrgüter ohne Sondergenehmigung transportiert. 2014 reichte die damalige Nationalrätin Viola Amherd ein Postulat ein: Gefährliche Transporte über eine Passstrasse – auch über den Simplon – seien «der Bevölkerung nicht mehr zumutbar». Sie schlug vor, einen obligatorischen Verlad auf die Schiene einzuführen.
Der Bundesrat winkte ab, doch der Nationalrat nahm das Postulat an. Seither hat die Landesregierung einen Entscheid herausgezögert, wirft Nationalrätin Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne/GE) ihr vor. «Die Haltung von Bundesrat Albert Rösti ist für mich nicht haltbar», sagt die Vorständin der Alpen-Initiative. «11’000 Mal im Jahr rollen Transportlastwagen mit Gefahrgut über den Simplonpass.»
Bundesrat setzt auf Selbstverpflichtung der Industrie
Ein einzelner Unfall auf der Passstrasse könne «dramatische Folgen für Umwelt und Bevölkerung» haben, sagt Pasquier-Eichenberger. Vor Ort, aber auch bis hinunter zum Genfersee, aufgrund der Wasserläufe. Trotzdem habe der Bundesrat einen Vorschlag der Arbeitsgruppe angenommen, der «schwach» war. Es fehle ihm an «konkreten, messbaren und terminierten, wirksamen Massnahmen zur Reduktion des Gefahrenpotenzials».
Der Bundesrat akzeptierte 2017 die «Selbstverpflichtung der Industrie als geeignetes Gefäss zur Vermeidung der von Gefahrguttransporten». Eine Roadmap, die unter der Führung des Kantons Wallis ausgearbeitet wurde, stelle diese Selbstverpflichtung dar: Intensivierte Massnahmen zu Kontrolle und Monitoring sollen überwachen, wie sich die Art und Menge an gefährlichen Gütern entwickelt. Der Bundesrat habe deswegen auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Alpen-Initiative: «Das ist inakzeptabel!»
Dass das Wallis in der Roadmap keine Fristen oder Ziele konkret aufgeführt habe, habe die ehemalige Verkehrsministerin zwar auch gestört. Und der Bundesrat müsse die Roadmap noch validieren.
Mehr wolle der Bund nicht machen, heisst es weiter. Zuerst sollen die beschlossenen Massnahmen ihre Wirkung entfalten können.
Doch für Isabelle Pasquier-Eichenberger ist dies inakzeptabel: «Zumal durch den Simplon ein Bahntunnel führt und Züge die Güter viel sicherer transportieren.» Schliesslich seien am Grossen Sankt Bernhard, am Gotthard und am San Bernardino solche Strassentransporte aus Sicherheitsgründen bereits verboten.