Antiterrorgesetz: Ehemaliger Polizei-Kommandant schiesst scharf
Das Antiterrorgesetz soll die Schweizer Bevölkerung besser schützen. Ein Experte sagt, die Vorlage erfülle ihren Zweck nicht und sei verfassungswidrig.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Antiterrorgesetz möchte präventive polizeiliche Massnahmen ermöglichen.
- Es wurde schon mehrfach von Juristen und Menschenrechtsorganisationen kritisiert.
- Ein ehemaliger Polizei-Kommandant und Jurist schliesst sich nun dieser Kritiker-Gruppe an.
Um das Antiterrorgesetz ist es verhältnismässig ruhig. Andere Vorlagen, die auch am 13. Juni an die Urne kommen, erhalten deutlich mehr Aufmerksamkeit. Eigentlich überraschend, denn das Gesetz hätte grosse Auswirkung auf die Schweizer Justiz und Strafverfolgung.
Für Hardliner in Sicherheitsfragen ist das Gesetz die Antwort auf die Terrorismusfrage. Es würde der Bundespolizei ermöglichen, mit Massnahmen einzugreifen, noch bevor eine Straftat begangen wurde. Dafür reicht ein Verdacht auf das Begehen eines terroristischen Akts. Für Gegnerinnen und Gegner öffnet das aber die Türe zur willkürlichen Strafverfolgung.
Schon als das Antiterrorgesetz im Parlament ausgehandelt wurde, äusserten sich Juristinnen und Juristen sehr kritisch. Über 50 universitäre Experten zum Thema Recht schrieben dem Bundesrat und Parlament einen offenen Brief.
Damals unterschrieb Markus Mohler, ehemaliger Polizei-Kommandant, Staatsanwalt und Lehrbeauftragter an zwei Universitäten, den Brief nicht. Heute würde das wahrscheinlich anders aussehen: Mohler veröffentlichte seine Meinung zum Antiterrorgesetz auf seiner Webseite. Und diese spricht nicht für die Vorlage.
Antiterrorgesetz verfassungswidrig, sagt Experte
Über drei verschiedene Dokumente hinweg dekonstruiert Mohler den Gesetzestext und zeigt Schwachstellen sowie Fehler auf. Unvollständige und schwammige Definitionen, Diskriminierungsgefahr, Verstoss gegen das Legalitätsprinzip, alles wird angesprochen. Hauptsächlich aber hält der Jurist fest: Die Vorlage von Justizministerin Karin Keller-Sutter verstösst gegen die Bundesverfassung.
Laut Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit habe der Bund keine Gesetzgebungskompetenz bei sicherheitspolizeilichen Bestimmungen, so Mohler. «Diese ist Sache der Kantone», schreibt er. Die aufgeführten Argumente des Bundesrats zu diesem Einwand seien zudem «nicht stichhaltig».
Interessanterweise aber findet der ehemalige Kommandant die grösste Schwachstelle im Kern des Gesetzes. «Die Massnahmen taugen nicht zur Verhinderung eines Attentats», schreibt er. Diese forderten eine permanente Überwachung, was die Polizei gar nicht leisten könne: «Dazu fehlen allen Polizeidiensten in der Schweiz die personellen Ressourcen.»
Somit verletze das Gesetz die staatliche Schutzpflicht. Hinzu komme noch, dass nicht der Bund, sondern der Tatortskanton haften werde, sollte es zu einem Attentat kommen.