«Arena» – Initiant: «Müssen uns vor Staat schützen können»
Die Freiheits-Initiative, auch «Stopp Impfpflicht» genannt, wird in der «Arena» kontrovers diskutiert. Die Gegner sagen, sie ändere gar nichts.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit der Freiheits-Initiative soll die körperliche Unversehrtheit garantiert werden.
- Initiant Koller sagt, man müsse sich auch vor dem Staat schützen können.
- SP-Jositsch warnt, dass so auch Festnahmen verunmöglicht werden könnten.
Die körperliche und geistige Unversehrtheit wird in der Schweizer Bundesverfassung bereits garantiert. Mit der Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» will die «Freiheitliche Bewegung Schweiz» dies präzisieren: Eingriffe in die geistige und körperliche Unversehrtheit bräuchten die Zustimmung. Und aufgrund der Verweigerung dürfe es keine Bestrafung oder Nachteile geben.
Die Freiheit in der Schweiz sei nicht ernsthaft bedroht, sagt Richard Koller, Präsident der Bewegung und Initiant, in der «Arena». Es gebe aber Mankos. Die Pandemie habe gezeigt, dass die Grundrechte so beschränkt werden könnten, dass man nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen könne.
Ganz anderer Meinung ist SP-Ständerat Daniel Jositsch, der «kein Verständnis» für die Initiative hat. In einer Gesellschaft müssten Einschränkungen möglich sein, es brauche Regeln und man müsse sich fügen. Die Voraussetzungen für die Einschränkungen der Grundrechte seien aber sehr hoch.
GLP-Nationalrat Beat Flach präzisiert: «Die Freiheit des Einzelnen hat Grenzen dort, wo sie die Freiheit anderer tangiert.» Die Freiheiten seien nicht grenzenlos.
Koller stimmt zu, dass die Freiheit Grenzen habe. Doch während der Pandemie habe der Staat mit Massnahmen zu fest eingegriffen, man müsse sich «vor dem Staat schützen können». Vor allem wenn es um den Körper gehe, solle der Mensch die letzte Entscheidungsgewalt haben. «Will ich mit der Impfung oder mit dem Virus Schaden über mich ergehen lassen?»
«Arena»: SP-Jositsch warnt vor Folgen für Polizei
Rechtsprofessor Jositsch warnt vor den möglichen anderen Folgen der Initiative: Bei einem Ja «kann die Polizei möglicherweise keine Festnahmen oder zwangsweise Bluttests auf Alkohol mehr durchführen». Heute seien diese möglich, da Eingriffe in die Freiheitsrechte in der Bundesverfassung in Artikel 36 geregelt seien: Sie seien erlaubt, wenn es eine gesetzliche Grundlage gebe, ein öffentliches Interesse bestehe und sie verhältnismässig seien.
Diesen Artikel werde es auch bei einer Annahme der Initiative geben, sagt Jositsch. «Damit ist sie entweder überflüssig oder sie bringt ein Durcheinander in die Bundesverfassung, da niemand weiss, wie damit umgehen.» Es gebe zwei Optionen: Bei einem Ja würde die aktuelle Regelung ausgehebelt werden, sodass Festnahmen nicht mehr möglich seien. Oder sie würde nicht ausgehebelt, sodass alles gleich bleibe.
Koller hält dagegen, dass die Initiative präzisiere, dass man nicht bestraft werden darf, wenn man Eingriffe in die Freiheit verweigert. Wenn die Polizei einen Autolenker verdächtig, alkoholisiert zu fahren, dürfe sie einen Bluttest anordnen. «Aber man kann ihn schon heute verweigern. Mit der Präzisierung darf man in Zukunft dafür nicht bestraft werden.»
«Arena»: Initiative braucht es laut GLP-Flach gar nicht
Flach entgegnet: «Sie sagen, man darf den Bluttest schon heute verweigern, also braucht es Ihre Initiative nicht.» Wenn die Initianten etwas ändern wollten, sollten sie sagen, was sie wollen.
Was sie wollen, zeigen die Initianten klar mit dem Beinamen ihres Anliegens: «Stopp Impfpflicht». Es gehe aber gar nicht um die Impfung, sagt Journalist und SVP-Mitglied Philipp Gut.
Die Impfung ist dennoch ein wichtiger Teil der Initiative, obwohl sie nie genannt wird. Beat Flach sagt dann auch: «Eine Impfung ohne Zustimmung ist immer ausgeschlossen. Es wird nie jemand mit Polizeigewalt zum Arzt gebracht werden.»
Gut hält dagegen, dass es Fälle gebe. Zudem gebe es im Epidemiengesetz die Möglichkeit eines Impfobligatoriums für gewisse Gruppen.
Rechtsprofessor Jositsch verweist erneut auf Artikel 36 der Bundesverfassung: Für Eingriffe in die Grundrechte braucht es eine gesetzliche Grundlage, ein öffentliches Interesse und eine Verhältnismässigkeit. «Das Epidemiengesetz bietet die gesetzliche Grundlage, das Parlament entscheidet, ob öffentliches Interesse und Verhältnismässigkeit gegeben sind.»
Damit dies bei einer Annahme der Initiative nicht mehr möglich sei, müsste Artikel 36 geändert werden. Doch das Anliegen ändert bloss Artikel 10. Jositschs Schlussfolgerung in der «Arena»: «Es ändert sich also nichts mit der Initiative.»