Stromgesetz: Alle Informationen zur Vorlage im Detail
Die Schweiz stimmt am 9. Juni 2024 über das Stromgesetz ab. Mit der Vorlage soll die Grundlage für mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen geschaffen werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Stimmbevölkerung entscheidet am 9. Juni 2024 über das Stromgesetz.
- Durch die Vorlage soll die Versorgungssicherheit der Schweiz gestärkt werden.
- Verschiedene Gruppierungen haben dagegen das Referendum ergriffen.
Am 9. Juni 2024 wird in der Schweiz über das «Bundesgesetz vom 29. September 2023 über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» – meist als Stromgesetz bezeichnet – abgestimmt.
Besonders im Winter ist die Schweiz auf Stromimporte angewiesen. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind diese aber nicht immer gleich zuverlässig. Die Versorgungssicherheit der Schweiz soll deshalb gestärkt werden, das Parlament hat im Herbst 2023 das Stromgesetz verabschiedet. Verschiedene Gruppierungen haben dagegen das Referendum ergriffen, weshalb die Bevölkerung nun darüber entscheidet.
Stromgesetz will erneuerbare Energien massiv fördern
Das Stromgesetz beinhaltet verschiedene Ziele zur Förderung von erneuerbaren Energien. So sollen erneuerbaren Energien, ausgenommen aus Wasserkraft, bis 2035 mindestens 35'000 Gigawattstunden (GWh) und bis 2050 45'000 GWh Strom erzeugen. Heute liegt dieser Wert bei rund 6000 GWh.
Auch die Wasserkraft soll gefördert werden: Bis 2035 sollen im Minimum 37'900 GWh und bis 2050 39'200 GWH produziert werden. Wasserkraft erzeugt heute rund 37'260 GWh Strom jährlich.
Durch die Vorlage soll der Bau von Anlagen zur Produktion von Strom aus erneuerbaren Energie erleichtert und damit beschleunigt werden. Schon 2017 hat die Schweiz dem Ausbau der erneuerbaren Energiequellen zugestimmt. Die damals definierten Förderungsinstrumente würden bei einem Ja um fünf Jahre verlängert und ergänzt.
Das grösste Potenzial liege bei der Solarenergie auf den Gebäuden. Daher würde es weiterhin finanzielle Beiträge für Solaranlagen auf Dächern geben. Durch das Stromgesetz würden die Mindesttarife für die Einspeisung von Solarstrom ins Netz schweizweit harmonisiert. Ausserdem sollen neu lokale Elektrizitätsgemeinschaften gebildet werden, um auf Quartierebene mit dem selbstproduzierten Solarstrom zu handeln.
Natur- und Landschaftsschutz
Nebst der Solarenergie sollen auch die Wasserkraftwerke so ausgebaut werden, damit diese im Winter genügend Strom speichern können. Dazu zählen beispielsweise Neubauten und Staumauererhöhungen. Sollten diese Anlagen gebaut werden, würden in jedem Fall «zusätzliche Massnahmen zugunsten von Biodiversität und Landschaft umgesetzt».
Generell ist der Natur- und Landschaftsschutz ein grosses Thema bei der Abstimmung. Bei einem Ja dürften in sogenannt «besonders schützenswerten Gebieten», weiterhin keine neuen Stromproduktionsanlagen gebaut werden. Die Verantwortung für das Definieren solcher Gebiete obliegt den Kantonen. Das Stromgesetz sieht aber Ausnahmen vor, zum Beispiel bestimmte Gletscherfelder.
Begründet wird dies damit, dass Windkraft- und Solaranlagen ab einer bestimmten Grösse als «Anlagen von nationalem Interesse» gelten. Durch das Stromgesetz würde es für solche Anlagen künftig erleichterte Planungsbedingungen geben. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Projekt in jedem Fall bewilligt würde, jedes Projekt müsste weiterhin einzeln beurteilt werden.
Beschwerdemöglichkeit der Bevölkerung bleibt erhalten
Durch das Stromgesetz sollen die demokratischen Mitsprachemöglichkeiten der Bevölkerung gewahrt bleiben. Abstimmungen in Gemeinden über konkrete Projekte bleiben weiterhin möglich. Nur bei den im Gesetz genannten 16 Wasserkraftwerken würde das Mitspracherecht leicht eingeschränkt.
Grundsätzlich wären die Erfolgschancen von Beschwerden im Vergleich mit der bisherigen Situation geringer. Grund dafür sind die bereits genannten erleichterten Planungsbedingungen. Begründet wird dies damit, da angesichts des steigenden Strombedarfs der Bau von zusätzlichen Anlagen für unverzichtbar gehalten wird.
Effizienzsteigerung und Winterreserve
Des Weiteren setzt das Stromgesetz Ziele zur Reduktion des durchschnittlichen Energie- und Elektrizitätsverbrauchs pro Person. Der durchschnittliche Energieverbrauch soll pro Person gegenüber 2000 bis 2035 um 43 und bis 2050 um 53 Prozent gesenkt werden. Der durchschnittliche Elektrizitätsverbrauch sei gegenüber 2000 bis 2035 um 13 Prozent und bis 2050 um 5 Prozent zu senken. Um dies zu erreichen, sollen die Stromlieferanten dazu verpflichtet werden, zur Effizienz beizutragen.
Damit es zu keinen Stromengpässen kommt, sieht die Vorlage Energiereserven für den Winter vor. Zentral seien dabei die Wasserkraftreserven in Speicherseen: Die Betreiber würden dazu verpflichtet, genügend Wasser zurückzuhalten, sollen aber dafür entschädigt werden. Die Vorlage legt ausserdem fest, dass Stromimporte im Winterhalbjahr den Richtwert von 5000 GWh nicht überschreiten sollen.