Die Aussagen von Alice Weidel und Elon Musk im Faktencheck
Die AfD-Spitzenkandidatin für das Kanzleramt Alice Weidel und Elon Musk sprachen gestern über Kriminalität, Hitler und andere Themen. Der Talk im Faktencheck.
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Liv-Talk auf X unterhielten sich gestern Abend Weidel & Musk über mehrere Themen.
- Dabei stellten Weidel oder Musk Behauptungen auf, die nicht oder teilweise nicht stimmen.
- Im Faktencheck werden einiger dieser Aussagen eingeordnet.
Rund eine Stunde lang dauerte gestern Abend der Live-Talk auf X zwischen Elon Musk und Alice Weidel. Die AfD-Spitzenkandidatin sprach mit dem X-Chef über verschiedenste Themen.
Sie machten Aussagen über Deutschlands Atomausstieg, Kriminalität oder Hitler, die aufhorchen lassen. Im Faktencheck nimmt Nau.ch einige der brisantesten Aussagen unter die Lupe.
Deutschland sei einziges Industrieland, das Atomkraft Stecker gezogen hat
Diese Aussage fällte Alice Weidel zum Thema Energie. Die Aussage ist schlicht falsch: Deutschland ist nicht das einzige Industrieland, das den Atomausstieg beschlossen hat.
Italien beschloss schon 1987 in einer Volksabstimmung den Atomausstieg und schaltete das letzte Kernkraftwerk 1990 ab. Auch wenn die aktuelle Regierung unter Giorgia Meloni den Wiedereinstieg plant.
Zudem hat auch Spaniens linke Regierung letztes Jahr angekündigt, alle bestehenden Atomkraftwerke bis 2035 stilllegen zu wollen.
In Belgien hätten dieses Jahr zwei Kraftwerke vom Netz genommen werden sollen. Wegen der Energiekrise wurde ihre Laufzeit aber bis 2035 verlängert.
Nicht zutreffend ist auch die Aussage der AfDlerin, wie die letzten Atomkraftwerke vom Netz genommen wurden: Nachdem Deutschland von Russlands Energieversorgung abgeschnitten wurde, «schalteten sie das letzte Atomkraftwerk ab, um die Energieknappheit noch weiter zu verschärfen». So die Darstellung von Alice Weidel.
Das stimmt so nicht: Die Ampel-Regierung hatte unter Scholz die eigentlich für Ende 2022 vorgesehene Stilllegung von drei Kernkraftwerken hinausgezögert.
Im Oktober 2022 beschloss die Regierung, dass diese bis zum 15. April 2023 weiterlaufen sollen.
Alice Weidel behauptet, Hitler sei «ein kommunistischer, sozialistischer Typ» gewesen
Seit Jahren bezeichnet die sogenannte Neue Rechte, Hitler und Nationalsozialisten als links und sozialistisch.
Auch im Versuch, sich von den Nazis abzugrenzen. Die Mehrheit der Geschichtsforschung sieht dies aber als Humbug an.
Hitler war nicht nur radikaler Antikommunist, er liess auch unzählige Kommunisten ermorden. Sein Antisemitismus und Rassismus grenzt sich klar von sozialistischen Vorstellungen ab.
Hinzu kommt: Die Bekämpfung des Marxismus beziehungsweise Bolschewismus gehörten schon zu Beginn seiner politischen Karriere zu Hitlers zentralen Anliegen.
Dass er für die Bevölkerung eine «völkische Identität» vorsah, hat nichts mit einer klassenlosen Gesellschaft im sozialistischen Sinn zu tun.
Denn der Nationalsozialismus basierte auf Abgrenzung und Vernichtung aller Elemente, die nicht seiner Definition der «völkischen Identität» entsprachen.
Innerhalb der NSDAP gab es zwar Leute wie Georg Strasser, welche die soziale Frage in den Fokus rücken wollten.
Zudem strebten Strasser und sein NSDAP-Flügel eine Front mit sozialistischen Kräften an. Doch Strasser wurde bereits vor Hitlers Machtübernahme 1933 entmachtet und 1934 ermordet.
Laut Elon Musk ist «Diebstahl in Kalifornien praktisch legal»
Im Gespräch mit Alice Weidel behauptete Musk, dass es im US-Bundesstaat «buchstäblich legal» sei, «Sachen unter 1000 Dollar zu klauen».
Die Bezeichnung «buchstäblich legal» ist nicht zutreffend.
Tatsächlich wurde ein Gesetz vor zehn Jahren in Kalifornien geändert: Durch dieses wurde Diebstahl mit einem Wert unter 950 Dollar als Vergehen statt Verbrechen eingestuft.
Das hatte mildere Strafen zur Folge. Ziel dabei war es, die kalifornischen Gefängnisse zu entlasten.
Ein Volksentscheid vom Dezember 2024 macht diese Milderung teilweise wieder rückgängig. Wiederholungstäter können jetzt etwa auch bei geringfügigen Diebstählen mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.
Deutschland soll höchste Steuern aller OECD-Staaten haben
Laut Alice Weidel bezahlt der normale deutsche Arbeitnehmer mehr Steuern als Arbeiter in allen anderen OECD-Staaten. Er «arbeitet mehr als die Hälfte des Jahres für den Staat».
Es stimmt, dass die durchschnittliche Steuer- und Sozialabgaben-Belastung von Arbeitnehmern in Deutschland über dem OECD-Schnitt liegt. Diese lag 2023 in Deutschland für einen Single-Haushalt ohne Kinder bei 47,9 Prozent.
Damit liegt sie klar über dem OECD-Schnitt von 34,8 Prozent. Am höchsten aller OECD-Länder ist sie trotzdem nicht. Denn Belgien weist mit 52,7 Prozent einen höheren Schnitt vor.
Deutschland liegt aber gleich hinter Belgien. In anderen Haushaltskonstellationen liegt der deutsche Schnitt sogar etwas tiefer.
Laut Musk ist Alice Weidel bei Bundestagswahl-Umfragen führend
Im Talk bezeichnete Musk Weidel als «derzeit führende Kandidatin, Deutschland zu regieren». Und: «Am beliebtesten in den Umfragen.»
Doch Weidel liegt in den meisten Umfragen nicht an erster Stelle.
Bei der ZDF-Umfrage belegt sie hinter Friedrich Merz (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) nur den vierten Platz. Auch bei der ARD-Umfrage kommt sie nur auf 17 Prozent, während Merz 28 erreicht.
Immerhin schafft sie es bei der Umfrage des Instituts Ipsos zu den Kandidaten auf Rang zwei. Bei der von der «Bild» beauftragten Insa-Umfrage erhält sie hingegen am meisten Zustimmung.