Erste Regierung aus Konservativen und Grünen in Wien tritt Amt an
In Österreich hat die erste Koalition aus Konservativen und Grünen ihr Amt angetreten.
Das Wichtigste in Kürze
- 33-jähriger Kurz als Bundeskanzler vereidigt.
Der 33-jährige Sebastian Kurz wurde am Dienstag in Wien zum zweiten Mal als österreichischer Bundeskanzler vereidigt - und ist damit wieder der weltweit jüngste demokratisch gewählte Regierungschef. Bei einer Zeremonie in der Hofburg legten der ÖVP-Chef und der neue Vize-Regierungschef Werner Kogler von den Grünen vor Staatspräsident Alexander Van der Bellen ihren Amtseid ab.
Kurz steht damit gut sieben Monate nach seiner Absetzung als Kanzler per Misstrauensvotum wieder an der Regierungsspitze des Alpenstaates. Dafür hatte er politisch eine spektakuläre Kehrtwende bei seinen Bündnispartnern vollzogen: Nach der Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ geht der konservative Kurz nun ein von vielen Seiten mit Spannung erwartetes Bündnis mit den Grünen ein.
Beide Seiten hatten sich am Neujahrstag auf eine Koalition geeinigt, auf einem Sonderparteitag am Sonntag stimmten die Grünen für den Koalitionsvertrag. Für die Ökopartei ist es die erste Regierungsbeteiligung auf Bundesebene.
Die österreichische Presse hatte das Bündnis zuvor als «unwahrscheinlich» und «exotisch» beschrieben. In Deutschland fand die Regierungsbildung viel Beachtung - auch weil hierzulande nach den aktuellsten Umfragen als einziges Zweierbündnis auf Bundesebene eine schwarz-grüne Koalition bleibt.
«Es ist möglich, das Klima und die Grenzen zu schützen», hatte Kurz nach der Einigung auf ein Regierungsprogramm gesagt - und damit deutlich gemacht, auf welchen Gebieten die grössten Konflikte zwischen den beiden Parteien liegen. Die Grünen gaben zu, dass Teile des Koalitionsvertrags etwa in der Asylpolitik «schmerzhaft» seien.
Grünen-Chef Kogler hatte bei der Werbung für das Bündnis auf das im Koalitionsvertrag vereinbarte angestrebte Ende der fossilen Energieträger und das Ziel der CO2-Neutralität verwiesen. Diese Errungenschaften machten es möglich, Zugeständnisse an die ÖVP in anderen Bereichen zu verkraften.
So soll Österreich bis 2040 klimaneutral werden - zehn Jahre eher als Deutschland und die EU. Bis 2030 soll der Strom zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Geplant sind zudem die Förderung des Bahnverkehrs und der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs.
Die ÖVP setzte sich unter anderem mit ihrer Forderung nach einem Kopftuchverbot für Mädchen bis zum Alter von 14 Jahren in Schulen durch. Auch setzte sie eine präventive «Sicherungshaft» für potenziell gefährliche Personen durch.
Die Konservativen sicherten sich in der türkis-grünen Regierung zehn Ministerien, darunter die Ressorts für Inneres, Finanzen, Verteidigung und Aussenpolitik. Die Grünen übernehmen vier Ministerien, darunter ein «Superministerium» für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Das Justizministerium übernimmt die in Bosnien geborene Alma Zadic, die als Flüchtling nach Österreich kam. Dem Kabinett gehören erstmals auch mehr Frauen als Männer an.
Die konservative ÖVP (37,5 Prozent) und die Grünen (13,9 Prozent) waren als die grossen Gewinner aus der Parlamentswahl Ende September hervorgegangen. Die rechtspopulistische FPÖ, die im Dezember 2017 mit Kurz' ÖVP eine Koalition gebildet hatte, wurde nach der Ibiza-Affäre um ihren Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache abgestraft. Auch die sozialdemokratische SPÖ hatte herbe Verluste hinnehmen müssen.