Ukraine-Krieg: Stoltenberg weckt Zweifel an deutscher Waffen-Politik
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Zweifel an den Argumenten gegen grosse Waffenlieferungen an die Ukraine geweckt.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut Christine Lambrecht bedrohen Waffenlieferungen die Wehrfähigkeit der Bundesrepublik.
- Dem widerspricht Jens Stoltenberg: Eine Niederlage der Ukraine wäre weitaus gefährlicher.
- Mit einer Niederlage Russlands würde auch die Nato gestärkt, so der Nato-Generalsekretär.
Jens Stoltenberg, der Generalsekretär der Nato, hat Zweifel an den Argumenten gegen grosse Waffenlieferungen im Ukraine-Krieg geweckt. Am Freitag wurde der Norweger gefragt, ob die Fähigkeitsziele der Alliierten oder die Wehrfähigkeit der Ukraine höher zu gewichten sei.
Der Norweger verdeutlichte in seiner Antwort: Eine Niederlage der Ukraine halte er für weitaus gefährlicher, als unter Plan gefüllte Waffenlager in Nato-Staaten. Somit spricht sich der Norweger dafür aus, dass die Ukraine im Zweifelsfalle grosse Waffenlieferungen erhalten sollte. «Indem wir dafür sorgen, dass Russland in der Ukraine nicht gewinnt, erhöhen wir auch unsere eigene Sicherheit». Das sagte Stoltenberg bei einer Pressekonferenz mit US-Aussenminister Antony Blinken.
Die Nutzung der Waffenbestände von Nato-Staaten trage dazu bei, das Risiko eines aggressiven Vorgehens Russlands gegen Nato-Länder zu verringern. Mehr als 80 Prozent der russischen Landstreitkräfte seien derzeit im Krieg in der Ukraine gebunden. Damit würde indirekt auch das Bündnis gestärkt.
Andere Sichtweise als deutsche Verteidigungsministerin
Stoltenberg äusserte sich damit deutlich anders als jüngst die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Diese hatte Ende August erneut deutlich gemacht: Sie sehe kaum noch Möglichkeiten, Waffen aus Bundeswehrbeständen für den Abwehrkampf gegen Russland in die Ukraine zu schicken.
«Ich muss zugeben als Verteidigungsministerin, (...) da kommen wir an die Grenzen dessen, was wir aus der Bundeswehr abgeben können». So Lambrecht bei einer Kabinettsklausur in Meseberg bei Berlin.
Die Bundeswehr müsse die Landes- und Bündnisverteidigung gewährleisten können. Sie werde als Verteidigungsministerin sehr genau darauf achten, dass das weiterhin der Fall ist.
Stoltenberg sagte am Freitag allerdings, er bitte die Bündnisstaaten eindringlich, noch tiefer in ihre Bestände zu greifen. Denn die Ukraine benötige die Lieferungen von Ausrüstung dringend. Die derzeitigen Fortschritte der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland zeigten, dass dies einen grossen Unterschied mache. Zugleich müsse die Waffenproduktion hochgefahren werden, um die eigenen Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten zu sichern.