Biograf glaubt: Djokovic wäre als Schweizer anders gesehen worden
Novak Djokovic hat in Wimbledon einmal mehr Fan-Zoff. Der Autor seiner Biografie glaubt: Seine serbische Herkunft erschwert sein Standing bei den Anhängern.
Das Wichtigste in Kürze
- Novak Djokovic (37) hat sich in Wimbledon einmal mehr mit Fans angelegt.
- Mark Hodkinson glaubt: «Wenn er Schweizer gewesen wäre, würde man ihn anders sehen.»
- Der Autor seiner Biografie fragt aber auch: «Wäre er so überhaupt der Gleiche geworden?»
Novak Djokovic steht einmal mehr im Halbfinal von Wimbledon. An den French Open hatte er noch mit einer Knieverletzung forfait geben müssen – einen Monat später fehlen nur noch zwei Siege zur Wimbledon-Trophäe.
Mit dem achten Titel beim Rasen-Grand-Slam würde er mit Roger Federer gleichziehen. Ganz anders als bei King Roger drücken viele Tennisfans in England jeweils Noles Gegner die Daumen. Gegen Holger Rune fühlte sich dieser zuletzt ausgebuht und legte sich im Interview nach dem Spiel verbal mit den Zuschauern an.
Das ist keine Neuheit: Immer war Djokovic im Laufe seiner Karriere mit Tennis-Fans unzufrieden. Mark Hodkinson, der eine Biografie über den Serben geschrieben hat, sagt in einem Interview bei «Tamedia»: «Bei Novak Djokovic ist es so, dass es ihm hilft, wenn das Publikum gegen ihn ist. Das stachelt ihn an.»
Biograf: Herkunft erschwert Djokovic gutes Image
Sein schwieriges Standing bei einem Grossteil der Tennis-Fans liege auch an Djokovics Herkunft, glaubt Hodkinson. Es sei schon ein Faktor in der Aussenwahrnehmung, «dass er aus dem Osten stammt, aus Serbien mit der ganzen Geschichte des Landes.»
Der Biograf denkt: «Wenn er Schweizer, Spanier, Amerikaner oder Brite gewesen wäre, hätte man ihn anders gesehen.» Hodkinson stellt aber auch die Frage: «Wäre er der Gleiche geworden, wenn er wohlbehütet in einem reichen Land wie der Schweiz aufgewachsen wäre?»
Der Biograf hat die Bunker gesehen, in denen sich Novak Djokovic 1999 während Nato-Bombardementen im Jugoslawienkrieg verstecken musste. Als Teenager habe sich dieser dann durch eine regelrechte Wut treiben lassen. Im Laufe der Jahre habe er diese aber verloren und «gelernt zu vergeben».
Djokovic überflügelte Federer und Nadal
Sein Weg mündete darin, zum Rekord-Grand-Slam-Champion im Tennissport zu werden. Dass er damit die Fan-Lieblinge Roger Federer und Rafael Nadal verdrängte, hatte sicher auch Einfluss auf die Wahrnehmung bezüglich Djokovic.
Heute ist der Serbe gemäss Mark Hodkinson, der einst auch eine Biografie über Federer schrieb, der GOAT. Bei der Frage nach dem Grössten aller Zeiten «sollte man nach Zahlen gehen», findet der Autor. Und da könnten bei Novak Djokovic in der Rubrik Grand-Slam-Siege schon ab Sonntag eine 25 stehen.