Putin sendet Familien der Absturz-Opfer Beileid

Nach dem Absturz des Jets von Prigoschin steht der Verdacht im Raum, Putin liess den Wagner-Chef töten. Der Kremlchef spricht den Opfern nun sein Beileid aus.

Anhänger Prigoschins legen nach seinem mutmasslichen Tod Blumen nieder. - keystone-SDA

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Flugzeug, wohl mit Prigoschin an Bord, ist abgestürzt.
  • Viele Kommentatoren gehen davon aus, dass Putin die Maschine abschiessen liess.
  • Die Wagner-Söldner könnten wieder versuchen, nach Moskau zu marschieren.
  • Im Nau.ch-Ticker halten wir Sie auf dem Laufenden.

21:36: Die US-Regierung hält es für wahrscheinlich, dass der Wagnerchef tatsächlich bei dem Flugzeugabsturz getötet wurde. Dies sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, am Donnerstag.

Den USA lägen keine Informationen vor, dass das Flugzeug durch eine Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden sei, sagte Ryder. Entsprechende Berichte seien nach US-Einschätzung nicht korrekt. Weitere Angaben zur möglichen Ursache für den Flugzeugabsturz könne er jedoch nicht liefern.

19:52: Prigoschins Flugzeug soll nach einer Explosion an Bord der Maschine abgestürzt sein. Das meldet die «New York Times» mit Verweis auf amerikanische Geheimdienstquellen. Die Ursache könnte eine versteckte Bombe oder ein anderes Gerät gewesen sein.

Diesen Erkenntnissen zufolge starben auch alle Insassen noch in der Luft. Zuvor gab es Theorien, dass der Jet vom Boden aus abgeschossen worden sei. Diese scheinen sich nun nicht bestätigt zu haben.

18:18: Kremlchef Waldimir Putin hat sich erstmals zum Absturz des Privatjets geäussert. Er spricht den Familien der Opfer sein Beileid aus.

Auch seinen ehemaligen Vertrauten Jewgeni Prigoschin erwähnt er in der TV-Botschaft. Den Chef der Wagner-Gruppe bezeichnet er als «talentierten Geschäftsmann».

In Anspielung auf den Wagner-Aufstand im Juni sagt er: «Er war eine Person mit einem komplizierten Schicksal. Er machte schwere Fehler, versuchte aber auch die nötigen Resultate zu erreichen.»

Er verkündet zudem, dass Ermittler den Absturz genau untersuchen sollen. Putin selbst habe von dem Vorfall vom Mittwoch erst am Donnerstagmorgen erfahren.

Trauer und Wut bei Anhängern

16:31: Prigoschins Anhänger reagierten mit Trauer und Wut auf die Nachricht vom mutmasslichen Tod des 62-Jährigen. Am Café «Patriot» in St. Petersburg, das viele Einwohner der Stadt mit Prigoschin und seiner Wagner-Truppe verbinden, seien massenhaft Blumen niedergelegt worden, berichtete die Tageszeitung «Kommersant» am Donnerstag. Auch aus anderen russischen Städten wie Nowosibirsk wurde von Trauer- und Gedenkaktionen berichtet.

Blumen am ehemaligen Wagner-Hauptsitz in St. Petersburg. - keystone-SDA

Am früheren Wagner-Firmensitz in St. Petersburg wurden neben Blumen auch ein Vorschlaghammer niedergelegt, teilte der Telegram-Kanal Grey Zone mit. Der Vorschlaghammer gilt als grausiges Erkennungszeichen der Wagner-Söldner, nachdem ein Video Angehörige der Gruppe zeigte, die damit einen angeblichen Überläufer ermordeten.

Viele Angehörge der Söldnergruppen reagieren auch mit Wut auf die Nachricht. Bereits am Mittwochabend waren auf Wagner-Telegramgruppen Drohungen gegen den Kreml zu finden. «Macht euch auf uns gefasst», heisst es in einer Rache-Botschaft, die derzeit die Runden macht.

Putin-Rede erwähnt Prigoschin nicht

14.05: Wladimir Putin hat seit dem Absturz der Prigoschin-Maschine eine erste Rede gehalten. Zum Crash selbst sagte der Kremlchef allerdings nichts.

Stattdessen sprach er lediglich über die sechs neuen Brics-Mitgliedstaaten. Saudi-Arabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Ägypten und Äthiopien werden zum 1. Januar 2024 aufgenommen.

Putin spricht virtuell am Brics-Gipfel. - keystone

Putin zeigte sich sehr zufrieden darüber und lobte unter anderem den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa für seine «diplomatische Kunst». Zudem gratulierte er den sechs Brics-Neulingen.

Zum Fall Prigoschin schweigt der Kreml bisher.

Selenskyj: Ukraine hat nichts damit zu tun

13.45: Wolodymyr Selenskyj hat betont, dass die Ukraine nicht schuld am Absturz des Prigoschin-Flugzeugs sei.

Gegenüber der Agentur «Interfax-Ukraine» sagt der Präsident: «Wir hatten nichts damit zu tun. Alle wissen, wer was damit zu tun hat.»

Experte: Prigoschin könnte sensible Daten besitzen

12.45: Historiker und Militärexperte Chris Owen schreibt auf X, früher Twitter, dass sich Prigoschin nach seinem Tod an Putin rächen könnte. Unter Berufung auf einen Telegram-Kanal sagt er, dass der Wagner-Chef heikle Informationen aufbewahrt habe. Die Veröffentlichung könnte den Kreml belasten.

Deshalb habe Prigoschin auch geglaubt, dass er sich vieles erlauben kann. Owen sagt: «Prigoschin war sich sicher, dass Putin ihm alles verzeihen würde und er hatte keine Angst vor irgendetwas. Er sagte, er würde viel wissen – wir werden sehen, ob nun etwas aus seinen Archiven auftaucht.»

Leichen in medizinischem Büro angekommen

11.50: Gemäss einem russischen Telegram-Kanal sind die Leichen mittlerweile in ein medizinisches Büro in Twer gebracht worden. Zum Teil sind die Körper stark verbrannt. Vier Leichenwagen kamen demnach zum Einsatz.

Flugbegleiterin berichtet von «Ungereimtheiten»

11.00: Flugbegleiterin Kristina Raspopowa, die beim Absturz ebenfalls ums Leben kam, hatte vor dem verhängnisvollen Flug noch mit ihrer Familie Kontakt. Darüber berichtet der ukrainische TV-Sender «Kanal24».

Die 39-Jährige habe von «seltsamen Reparaturen», die vor dem Flug durchgeführt worden seien, erzählt, heisst es. Es habe einige «Ungereimtheiten» gegeben, so Raspopowa.

Die Flugbegleiterin Kristina Raspopowa war ebenfalls in der Unglücksmaschine. - X / @KtoUmarl


Besonders tragisch: Laut «OSINTdefender» hätte die Frau, die in Sankt Petersburg lebte, die Wahl, ob sie mit dem Prigoschin-Jet fliegen wollte oder nicht. Ihr Arbeitgeber MNT Aero habe ihr die Entscheidung überlassen: Sie hätte neben dem Flug von gestern Mittwoch auch einen Flug heute Donnerstag wählen können.

Wagner-Truppe aktiviert Notfallplan

10.45: Medienberichten zufolge haben die Wagner-Kämpfer wegen des Todes von Jewgeni Prigoschin bereits einen Notfallplan aktiviert. Dieser würde schon seit langem bestehen, da sich der Wagner-Chef immer wieder in Gefahr begeben habe, heisst es.

Berichten zufolge könnte der Kreml das Prigoschin-Flugzeug abgeschossen haben. - keystone

Das Kreml-freundliche Portal «Readovka» schreibt, die Söldnertruppe habe «einen klaren Mechanismus für den Fall seines Todes.» Allerdings ist unklar, wie dieser Mechanismus genau aussieht.

Handy von Prigoschin aufgetaucht

Auf den Tag genau zwei Monate nach dem Aufstand der Wagner-Söldner gegen die russische Militärführung ist Jewgeni Prigoschin wohl gestorben. Am Mittwochabend stürzte sein Privatflugzeug in der Nähe von Moskau ab.

Trümmerteile werden untersucht. - keystone

An Bord waren drei Crew-Mitglieder und sieben Passagiere, darunter der Wagner-Boss und dessen Vize Dmitri Utkin. Die Zivilluftfahrtbehörde bestätigt Berichte der Nachrichtenagentur TASS, denen zufolge die Namen auf der Passagierliste standen. Kurz später teilte das Katastrophenschutzministerium mit, dass zehn Leichen an der Absturzstelle entdeckt worden sind.

Auch das Handy von Prigoschin soll Berichten zufolge mittlerweile am Absturz-Ort aufgetaucht sein.

Eine Bestätigung Prigoschins Todes von offizieller Stelle steht noch aus. Ein Telegram-Kanal, der der Söldner-Gruppe nahe steht, schreibt dass der 62-Jährige gestorben sei. Der Kanal berichtet auch, dass auf Videos Spuren von Luftabwehr-Geschossen zu sehen sind. Es sei «offensichtlich», dass das Flugzeug abgeschossen worden sei.

Die Reaktion der Wagner-Truppe lässt nicht lange auf sich warten...

Wagner-Kämpfer mit zweitem Marsch auf Moskau?

In einem Video, welches in den sozialen Medien kursiert, drohen die Wagner-Kämpfer bereits mit Vergeltung. Wie mehrere Medien berichten, kündigen die Söldner darin einen weiteren Sturm auf Moskau an. Dies, falls sich die Informationen über den Tod von Jewgeni Prigoschin bestätigen.

Die Wagner-Kämpfer richten klare Worte an den Kreml um Wladimir Putin: «Es wäre besser, wenn er lebt. Es ist in eurem eigenen Interesse.»

Dieser Screenshot aus einem Video soll Wagner-Kämpfer zeigen, die auf den mutmasslichen Tod von Jewgeni Prigoschin reagieren. - X / @Worldchairman_1

Trotz des Todes ihres Anführers sei mit der Truppe weiterhin zu rechnen. «Wir sagen eines – wir fangen an. Erwarten Sie uns», so die Botschaft.

Nach wie vor gibt der Absturz der Maschine Rätsel auf. Verschiedenen Berichten zufolge soll Sprengstoff in einer Kiste mit teurem Wein an Bord gelangt sein. Gegenüber dem «Daily Telegraph» sagen britische Quellen, der russische Geheimdienst FSB habe den Jet auf Putins Befehl abgeschossen.

Prigoschin bereits zuvor zweimal für tot erklärt

Die Theorie, dass der Kreml den in Ungnade gefallenen Söldner-Boss getötet hat, verbreiten auch andere Kanäle und Experten. Margarita Simonjan, Chefin des Propaganda-Senders RT, schreibt, Inszenierung sei möglich, sie neige aber zur «offensichtlicheren Variante». Seit dem Aufstand der Wagner-Truppe habe der Kreml viele Motive, Prigoschin auszuschalten.

Investigativ-Journalist Andrej Sacharow schreibt auf Telegram, dass Prigoschin am Mittwoch von Afrika nach Moskau geflogen sei. Der abgestürzte Privatjet war von der Hauptstadt auf dem Weg nach Sankt Petersburg, wo Prigoschin sein Hauptquartier hat. Es wäre ein Wunder, wenn der Söldner-Chef nicht in dem Flugzeug gewesen sei. Dies habe er aus der Truppe gehört, so Sacharow.

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Twitter - Bilder zeigen das brennende Wrack des Jets, in dem Jewgeni Prigoschin wohl umgekommen ist.

Allerdings: Bereits 2019 und 2022 wurde Prigoschin von russischen Medien fälschlicherweise für tot erklärt. Gegenüber dem «US Mirror» sagt Sicherheitsexperte Keir Giles: Man solle «nicht überrascht sein, wenn er plötzlich wieder in einem Video aus Afrika auftaucht.»

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Auch die Passagierliste sei keine abschliessende Bestätigung. Denn laut Giles hätten zuletzt mehrere Wagner-Unterstützer ihren Namen zu Jewgeni Prigoschin geändert. Dies, um dessen Reisen zu verschleiern.

Zudem gibt es Spekulationen, wonach Prigoschin in einem zweiten Wagner-Jet gereist sei, um flüchten zu können.

Blogger: Sollten uns auf Flut von Lügen einstellen

Ein weiterer Kriegs-Kanal auf Telegram liefert mutmassliche Details: Das Flugzeug mit Prigoschin an Bord sei mit zwei S-400-Raketen abgeschossen worden, spekuliert «Romanov Light». Denn ganz in der Nähe zur Abschussstelle befinde sich ein S-400, ein mobiles Boden-Luft-Raketensystem.

«Wer auf ein solches Flugzeug das Feuer eröffnen kann, ist eine rhetorische Frage», schreibt der Kanal. Man sollte sich nun auf eine «unglaubliche Flut von Lügen» einstellen.

Zurückhaltender äussert sich US-Präsident Joe Biden: «Es gibt nicht viel, was in Russland passiert, hinter dem Putin nicht steckt. Aber ich weiss nicht genug, um die Antwort zu kennen.» Die Sprecherin des Sicherheitsrats, Adrienne Watson, sagt: Stünde Putin hinter dem Absturz, «dann wäre das für niemanden eine Überraschung.