Nationalrätin wegen Coronavirus von Session ausgeschlossen
Die Genfer Nationalrätin Stéfanie Prezioso fehlte seit Montag in der Session, weil sie als Corona-gefährdet gilt. Sie sieht die Demokratie behindert.
Das Wichtigste in Kürze
- Gewählt, aber vom Coronavirus vertrieben: Nationalrätin Stéfanie Prezioso bleibt zuhause.
- Wegen einem chronischen Leiden darf sie momentan nicht unter die Leute.
- Sie will Antworten von der Nationalratspräsidentin: Wie soll so Demokratie funktionieren?
Stéfanie Prezioso bleibt zuhause, obwohl sie nicht positiv auf Coronavirus getestet ist. Nicht einmal ein Verdacht besteht. Trotzdem darf die im Herbst frischgewählte Nationalrätin von «Ensemble à Gauche» aus Genf nicht an der Session teilnehmen. Sie leidet an einer chronischen Atemwegserkrankung und ist darum eine «vulnerable Person».
Deswegen ist sie nun von ihrer parlamentarischen Tätigkeit ausgeschlossen: «Mein Arzt hat mir aufgrund der Vorgaben des BAG empfohlen, mich nicht an Versammlungen oder andere Orte zu begeben.» Und Prezioso kritisiert sowohl Bundesrat wie Parlament, das mit gutem Beispiel vorausgehen sollte: «Wenn die gestrigen Massnahmen früher ergriffen worden wären, hätten wir wertvolle Zeit gewonnen.»
Kann die Demokratie trotz Coronavirus noch funktionieren?
Nationalrätin Prezioso hält sich an die Empfehlung – Gesundheit geht vor. Aber sie fehlt jetzt in der Grünen Fraktion, kann an keiner Abstimmung teilnehmen. Ein Zustand, den auch Grünen-Nationalrat Bastien Girod anprangert: Er forderte Schutzmasken für Parlamentarier, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Und unterstützte damit für einmal den politischen Erzfeind, Magdalena Martullo-Blocher.
Diese Frage sei tatsächlich nicht beantwortet, sagt auch Prezioso: «Wie können wir in dieser Gesundheitskrise das Funktionieren unserer demokratischen Institutionen sicherstellen?» Sie wurde nun selektiv ausgeschlossen, genau so gut könnte es aber auch Dutzende oder alle Parlamentarier treffen.
Bis Mai soll eine Lösung her
Sie sei deswegen bereits bei Nationalratspräsidentin Isabelle Moret vorstellig geworden – wegen dem Coronavirus auch das nur via Email. Sie habe sie eingeladen, sicherzustellen, dass Massnahmen ergriffen werden. «Massnahmen, damit unter bestimmten Bedingungen schutzbedürftige Personen an Debatten und Abstimmungen teilnehmen können.»
Und zwar bereits Anfang Mai, wenn eine zweitägige Sondersession ansteht. Und in der Sommersession im Juni, wenn wohl noch nicht alles überstanden ist. «Das demokratische Funktionieren unseres Parlaments steht auf dem Spiel», warnt Prezioso.
Parteiübergreifender Support
Gerade in einer Krisensituation wie sie derzeit vorliege, sei es aber essentiell, dass die demokratischen Institutionen weiterarbeiten könnten, schreibt Prezioso in ihrem Brief an Moret. Und weiter: «Angesichts einer beispiellosen Situation von solch grosser Schwere erscheint es mir notwendig, dass unser Parlament auch aussergewöhnliche Massnahmen ergreift.»
Die Debatten müssten so offen und breit wie möglich geführt werden: «Alle Stimmen müssen gehört werden können.» Eine Sorge, die parteiübergreifend auf Echo stösst. So hat FDP-Nationalrätin Doris Fiala bereits einen Fragenkatalog an den Bundesrat eingereicht.
Sie will wissen, inwiefern das Parlament auch funktionieren könnte, ohne dass die Ratsmitglieder physisch anwesend sind. Das wäre allerdings Zukunftsmusik: Bis im Juni werden kaum Antworten, geschweige denn Lösungen da sein.