Finanzen: Betrug – wenn «Berater» mit Elon Musk werben
Vorsicht, Falle: Raffinierte Anlagebetrüger locken mit schillernden Renditen bei Finanzen – und ergaunern sich den Zugang zu unseren Smartphones.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Anlagebetrug im Kryptobereich hat Hochkonjunktur.
- Mit diversen Tricks gaukeln Gauner spektakuläre Gewinne vor.
- Geben Sie niemandem den Zugang zum Computer für Finanztransaktionen.
«Wo soll ich ein Konto eröffnen, um Bitcoin & Co. zu handeln?», fragte mich José, ein Bekannter, vor wenigen Tagen. Er wollte einer Krypto-Handelsplattform Geld überweisen, doch seine Hausbank weigerte sich, die Transaktion auszuführen.
Ich schaute mir seinen Fall an – und erschauderte. Was war geschehen?
José interessierte sich für Kryptowährungen und machte sich im Internet darüber schlau. Da stiess er auf ein Video, in welchem angeblich Elon Musik für eine Krypto-Handelsplattform warb. José lockten die schnellen Renditen.
Er registrierte sich bei der «seriös wirkenden Plattform». Um die Wertentwicklung der Krypto-Währungen «in Echtzeit» verfolgen zu können, musste José seine Telefonnummer und sein Mail angeben.
Achtung: AnyDesk
Noch am selben Abend erhielt er einen Anruf eines «Anlageberaters» der Plattform. Der Mann sprach mit leichtem Akzent, wirkte aber freundlich und kompetent. «Die Schweizer Banken arbeiten nur während der Öffnungszeiten der Börse, von 9 bis 17.30 Uhr.»
Und: «Wir dagegen handeln rund um die Uhr mit Kryptowährungen. Deshalb sind die Renditechancen bei uns viel höher.» Das behauptete die Stimme am Telefon und jonglierte mit Fachbegriffen.
José stieg mit 500 Franken ein. Dazu brauchte er ein Krypto-Konto. Weil der Eröffnungsprozess kompliziert war, unterstützte ihn der redselige «Experte» mit der App AnyDesk. Diese Software gab dem vermeintlichen Krypto-Spezialisten den Fernzugriff auf Josés Computer.
Finanzen über Nacht verdoppelt?
So konnte der «Berater» einen Rundum-Service anbieten: Er überwies direkt Geld von Josés Online-Banking auf seine eigene «innovative» Handelsplattform. Oder besser gesagt in die Kasse einer raffinierten Hightech-Kriminalitätsbande.
Nach zwei Tagen meldete sich der Finanzmafiosi wieder und präsentierte José erneut spektakuläre Charts via AnyDesk. Und siehe da: Josés Guthaben hatte sich scheinbar über Nacht verdoppelt. «Derzeit erwirtschaften wir Traumrenditen», schwärmte der Vielredner. Er rät, noch mehr in die «Finanzen der Zukunft» zu investieren.
Erstes Unbehagen beschlich José, als seine Hausbank eine Zahlung verweigerte. «Die wollen sich ihre Marge nicht nehmen lassen», versuchte der «Berater» die Zweifel zu zerstreuen. Er drängte José, ein Konto bei einer andern Bank zu eröffnen – weswegen dieser mich konsultierte.
Nichts als Ausreden
Das böse Erwachen folgte, als José seine Scheingewinne «realisieren» wollte, so wie er es sich von Börsengeschäften her gewohnt war. Der bis dahin so zugängliche «Finanzcrack» beharrte plötzlich auf Formalitäten, die er zuvor als überholt verspottete.
Er tischte eine Ausrede nach der anderen auf, weswegen das Geld momentan blockiert sei. Zuerst faselte er von rechtlichen Gründen und Geldwäschereigesetzen, dann von angeblichen Systemupdates. Bis er sich schliesslich zur Bemerkung verstieg, er habe von Anfang an zu einer «Anlageversicherung» geraten.
José musste seine Investition ersatzlos abschreiben. Aber besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Anlagebetrügereien rund um Kryptowährungen sind hoch im Kurs. Sie kennen unzählige Spielvarianten – und können sich über Monate hinziehen.
So schützen Sie sich
Wie kann man sich davor schützen? Die Regel Nummer eins: Wenn scheinbar sichere Traumrenditen angepriesen werden, sollten alle Alarmlampen leuchten. Ohne Risiko keine Rendite.
Zweitens ist jedes Institut auf seine Vertrauenswürdigkeit hin zu prüfen, bevor man ihm Geld rüberschiebt. Hie lohnt es sich, eine zweite Meinung einzuholen. Drittens sollte man «Finanzprofis» keinen Zugriff auf seinen Computer per AnyDesk geben.
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Zum Autor:
Stephan Lehmann-Maldonado hat schon als Kind Münzen gesammelt. Er sich während seines Wirtschaftsstudiums an der Universität Zürich auf Banking und Finance spezialisiert. Parallel dazu schrieb er bereits für Wirtschaftsmedien, unterrichtete als Handelslehrer und vertiefte sein Wissen in der Bankpraxis. Heute führt er eine Agentur für klare Kommunikation – und freut sich, wenn sich auch die Finanzbranche damit anfreunden kann.