Experten erwarten unter Donald Trump einen Schwurbel-Boom
Donald Trump stellt derzeit seine neue Regierung zusammen. Ein Experte warnt: Auch Leute mit «grotesken Ansichten» werden an die Hebel der Macht gespült.
Das Wichtigste in Kürze
- Donald Trump will Impf-Skeptiker Robert F. Kennedy Jr. zum Gesundheitsminister machen.
- Experten warnen vor möglichen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit in den USA.
- Generell könnten Verschwörungstheorien unter Trump einen «starken Aufschwung erleben».
Donald Trump, der designierte 47. Präsident der USA, stellt derzeit seine Regierung zusammen. Und holt dabei auch fragwürdige Personen ins Boot.
So soll etwa Impfgegner Robert F. Kennedy Jr. Gesundheitsminister werden. Der 70-Jährige ist gewissen Verschwörungstheorien nicht abgeneigt.
Muss man sich jetzt Sorgen machen? Nau.ch hat beim Sozialwissenschaftler Marko Kovic nachgefragt.
«Robert F. Kennedy Jr. hat das Herz durchaus am richtigen Fleck. Er will, dass Menschen weniger krank sind und weniger leiden», sagt Kovic.
Aber: «Das Problem ist, dass er den Bezug zur Realität verloren hat.» Kennedy glaube, die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln verursache Autismus. Zudem ist er überzeugt, dass Aids nicht durch HIV verursacht wird.
Eine weitere Verschwörung, an die das Mitglied der renommierten Kennedy-Familie glaubt: Das Coronavirus sei eine Biowaffe, «die so gemacht ist, dass sie Chinesen und Juden nicht krank macht».
«Mehr Krankheit und Leid»
Der Verschwörungstheorie-Experte warnt: «Sollte er als Gesundheitsminister bestätigt werden, könnte das mehr Krankheit und Leid zur Folge haben.»
Auch Sarah Wagner, US-Expertin an der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, sagt: «Es ist sehr beunruhigend, wenn eine wichtige Institution wie das Gesundheitsministerium von einer Person geleitet werden soll, die Verschwörungserzählungen verbreitet. Und Falschaussagen teilt und nicht an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu interessiert sein scheint.»
Der öffentlichen Gesundheit in den USA wäre damit nicht gedient, stellt sie klar.
Verschwörungen unter Republikanern «längst salonfähig»
Kennedy hat auch eine Plattform geschaffen, die mittels Crowdsourcing helfen soll, 4000 offene Stellen in Trumps Verwaltung zu besetzen. Dabei drängen sich offenbar viele Anhänger der QAnon-Bewegung in den Vordergrund, wie das US-Magazin «Politico» berichtete.
QAnon ist eine rechtsextreme US-Gruppe mit sektenhaften Zügen. Die Anhänger sind überzeugt: Eine weltweit agierende, satanistische Elite entführe Kinder, halte sie gefangen, foltere und ermorde sie.
Werden Verschwörungstheorien mit der neuen Regierung von Donald Trump also salonfähiger?
Wagner hält fest: «Donald Trump und ein Grossteil der Republikanischen Partei verbreiten weiterhin die Verschwörungserzählung einer gestohlenen Präsidentschaftswahl 2020. Solche Erzählungen sind also schon längst innerhalb der Partei salonfähig.»
Die politische Karriere von Donald Trump habe mit der Verschwörungserzählung, Barack Obama sei angeblich kein gebürtiger Amerikaner, begonnen.
Die US-Expertin warnt: «Es ist davon auszugehen, dass Verschwörungserzählungen, Mis- und Desinformation einen starken Aufschwung erleben werden in einer zweiten Amtszeit von Trump.» Das sei schädlich für die Demokratie und die Gesellschaft allgemein.
«Es wird Misstrauen gesät und es werden falsche Informationen verbreitet, auf deren Basis Menschen dann Entscheidungen treffen», so Wagner.
«Ich baue mir die Welt, wie sie mir gefällt»
Auch Kovic bekräftigt: «Wir leben schon längst in Pippi Langstrumpfs Realität: Ich baue mir die Welt, wie sie mir gefällt.»
Es spiele gar keine Rolle mehr, was die Fakten sind. «Man glaubt einfach das, was man glauben will», so Kovic. Dabei habe die eigene Seite immer recht.
«Unter Trump 2.0 wird sich das noch verschärfen», warnt der Experte.
Brisant: Die gleiche Entwicklung gebe es auch bei uns in Europa.
Nur «absolute Unterwürfigkeit» gegenüber Donald Trump zählt
Ob im Trump-Kabinett spezifisch QAnon-Anhänger vertreten sein werden, werde sich zeigen. «Klar ist aber, dass seine Regierung ausschliesslich aus Hyper-Loyalisten bestehen wird», sagt Kovic.
Kompetenz spiele keine Rolle. «Das Einzige, was zählt, ist absolute Unterwürfigkeit gegenüber Trump. So werden auch Leute mit grotesken Ansichten an die Hebel der Macht gespült.»
Wagner erinnert daran, dass es Pläne gibt, viele traditionelle Beamte zu entlassen oder durch Loyalisten zu ersetzen. «Hier ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Personen mit dabei sind, die Verschwörungserzählungen verbreiten oder glauben», so die US-Expertin.
Doch wie kann das verhindert werden? Von den rund 4000 Regierungsposten, die Donald Trump neu besetzen kann, müssen lediglich knapp 1200 durch den Senat bestätigt werden.
Aber erschwerend kommt hinzu: «Die Republikaner haben eine Mehrheit im Senat. Und es ist fraglich, wie stark sich moderatere Senatoren und Senatorinnen hier eventuell positionieren werden.» Trump werde auch entsprechend Druck auf seine Partei im Senat ausüben, sagt Wagner.
Kovic hat immerhin etwas Hoffnung: «Wenn sich im Senat Republikaner finden, die nicht jedes Kabinettsmitglied durchwinken, könnten einige der abenteuerlichsten Nominierungen verhindert werden.»
