US-Wahlen: Harris will einen frischen Start, Trump droht Migranten
Den Schlussakkord vor den US-Wahlen setzen Kamala Harris und Donald Trump in den wahrscheinlich wahlentscheidenden Bundesstaaten.
Das Wichtigste in Kürze
- Harris und Trump geben am Tag vor der US-Präsidentschaftswahl nochmals richtig Gas.
- Die beiden konzentrieren sich auf die Swing States - Harris voll auf Pennsylvania.
- Trump zeichnet ein düsteres Bild für die Zukunft, Harris versucht Hoffnung zu verbreiten.
Einen Tag vor den US-Wahlen kämpfen Kamala Harris und Donald Trump noch einmal um Stimmen in den möglicherweise wahlentscheidenden Bundesstaaten. Die Demokratin Harris absolvierte am Montag vier Auftritte im bedeutenden «Swing State» Pennsylvania.
Der Republikaner Trump trat zusätzlich in North Carolina und Michigan auf – auch dort wird ein knappes Rennen erwartet. Es ist die letzte Gelegenheit für die Kandidaten, ihre Botschaften an die Wähler zu richten, bevor am Dienstag die Entscheidung über das Präsidentenamt und die zukünftigen Machtverhältnisse im US-Parlament fällt.
Die Strategie der beiden könnte dabei unterschiedlicher kaum sein: Trump beschwört schon seit Tagen mit düsterer Rhetorik in ausgedehnten Reden das Bild einer Nation im Niedergang. Harris dagegen fasst sich kurz, spricht gezielt Wählergruppen wie die GenZ, also die Unter-30-Jährigen, Latinos und Menschen mit arabischen Wurzeln an. Sie gibt eine simple Parole aus: «Wenn wir kämpfen, gewinnen wir».
Kamala Harris: «Will Gemeinsamkeiten und Lösungen finden»
US-Vizepräsidentin Harris verbrachte den Tag vor den US-Wahlen komplett im Swing State Pennsylvania, der als potenziell wahlentscheidend gilt. Ein Gesamtsieg ohne Pennsylvania ist für beide Kandidaten schwer erreichbar. Bei der Wahl 2016 konnte sich Trump dort sehr knapp durchsetzen; vier Jahre später triumphierte Joe Biden mit einem hauchdünnen Vorsprung.
In ihren Ansprachen richtete Harris am Montag (Ortszeit) eine Botschaft der Einheit an noch unentschlossene Wähler und Anhänger der Republikaner, denen Trump zu extrem sein könnte. «Ich halte Menschen, die anderer Meinung als ich sind, nicht für Feinde», sagte die 60-Jährige in der Stadt Allentown.
Harris betonte, dass sie Gemeinsamkeiten finden wolle und Lösungen, die auf gesundem Menschenverstand beruhen würden. «Wir kämpfen gerade um unsere Demokratie», rief sie ihren Unterstützern zu.
In Pittsburgh sagte sie vor der jubelnden Menge, dass «Amerika bereit ist für einen frischen Start». Harris erklärte, es sei Zeit, die «Angst und Spaltung» des vergangenen Jahrzehnts zu überwinden. «Wir sind damit durch». Weitere Auftritte von Harris fanden in Scranton, dem Geburtsort von Joe Biden sowie in Philadelphia statt.
Donald Trump: «Todesstrafe für gewalttätige Migranten»
In der Industriestadt Pittsburgh hatte auch Donald Trump einen Auftritt – seine Worte hätten diesen von Harris unterschiedlicher nicht sein können. Der Republikaner meinte etwa, dass die US-amerikanische Mixed-Martial-Arts-Organisation UFC eine Liga gründen sollte, bei der sich professionelle Kämpfer mit Migranten prügeln sollten.
Wenig später wiederholte er vor seinen Anhängern auch die Forderung nach der Todesstrafe «für jeden Migranten, der einen amerikanischen Bürger oder einen Polizisten tötet». Die Behauptung, dass die USA von kriminellen Migranten überrannt würden, ist ein zentraler Punkt seines Wahlkampfs.
Zuvor hatte Trump am Montag (Ortszeit) fast gleichzeitig wie Harris einen Auftritt in Pennsylvania. In der Stadt Reading – gerade einmal 60 Kilometer entfernt von der Harris-Kundgebung – feierten Tausende ihren «Trump! Trump! Trump!» Der Ex-Präsident kündigte unter anderem erneut «die grösste Deportation der Geschichte» an.
Trump gab sich sicher, dass Pennsylvania ihm den Sieg bringen werde. «Ich habe vier Jahre auf diesen Tag gewartet», sagte der 78-Jährige, der noch weiter in den umkämpften Bundesstaaten North Carolina und Michigan aufgetreten war. Michigan, der industriell geprägte Staat im Norden an den Grossen Seen, hat eine grosse arabischstämmige Gemeinschaft, die die pro-israelische Haltung des Weissen Hauses kritisch sieht.
Ergebnis möglicherweise erst nach Tagen
Die ersten Wahllokale an der US-Ostküste schliessen um Mitternacht Schweizer Zeit. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gibt es keine Prognose zum Wahlsieger. Und die Auszählung kann sich verzögern – nicht nur bedingt durch die Zeitzonen sondern auch wegen vieler Briefwahlstimmen.
Experten erwarten, dass es in der Wahlnacht noch keinen Sieger geben wird, obwohl das nicht ausgeschlossen ist. 2020 wurde Joe Biden erst vier Tage nach der Wahl am Samstag zum Sieger erklärt. Bei der Wahl 2016 stand Trumps Sieg bereits am Morgen danach fest.
Die magische Zahl 270
Der US-Präsident wird indirekt gewählt: Die Wählerstimmen bestimmen die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das im Dezember den Präsidenten wählt. Die Anzahl der Stimmen jedes Bundesstaats orientiert sich grob an der Bevölkerungszahl.
Das Prinzip «the winner takes it all» gilt in fast allen Staaten. Mit anderen Worten: Der Gewinner erhält alle Wahlleutestimmen des Staates. Für den Sieg im Rennen ums Weisse Haus benötigt ein Kandidat die Mehrheit von 270 der 538 Wahlleute («electoral vote»), nicht zwingend die meisten Stimmen des Volkes («popular vote»).