«Verstörend»: Bayern hört Journalisten und Letzte Generation ab
Die bayrischen Behörden haben für Ermittlungen gegen die Letzte Generation monatelang Journalisten abgehört. Eine delikate Angelegenheit.
Das Wichtigste in Kürze
- Bayrische Behörden haben monatelang Journalisten abgehört.
- Sie hatten die Telefonnummer der Pressestelle der Letzten Generation angezapft.
- Heikel: Dafür hätte es eine besondere Prüfung gebraucht. Ob die stattfand, ist fraglich.
Ein Bericht der «Süddeutschen Zeitung» (SZ) lässt aufhorchen: Demnach hat die Generalstaatsanwaltschaft München offenbar 13 Telefonanschlüsse von Klimaaktivisten der Letzten Generation abgehört. Unter den angezapften Nummern befand sich auch die offizielle Pressestelle der Letzten Generation.
Die Abhöraktion lief seit Oktober 2022. In einem Vermerk von Ermittlern des Landeskriminalamts (LKA) an die Staatsanwaltschaft heisst es: «Auf dem Anschluss gehen fast ausschliesslich Anfragen von Medienvertretern, Studenten und Schülern ein, die um eine Presseauskunft oder ein Interview bitten.»
Trotzdem wurde weiter abgehört, mindestens bis Ende April 2023. Ob die Abhörmassnahmen nachher weitergingen, ist unklar. Die Polizei führte offenbar genau Protokoll, wie interne Dokumente, die der «SZ» vorliegen, zeigen. Minutengenau wird aufgeführt, wer mit wem über was spricht.
Auch Gespräche mit Medienvertretern – über die private Nummer der Pressesprecherin Carla Hinrichs – wurden demnach abgehört.
Überwachung von Journalisten: eine heikle Angelegenheit
Das Abhören von Journalisten ist nicht grundsätzlich verboten, aber heikel. Nach deutscher Strafprozessordnung sind Journalisten «Berufsgeheimnisträger». Dies ist laut deutscher Strafprozessordnung «im Rahmen der Prüfung der Verhältnismässigkeit besonders zu berücksichtigen».
Ob eine solche Prüfung auch wirklich stattfand, ist allerdings fraglich. Zumindest findet sich in den Gerichtsbeschlüssen des Amtsgerichts München nichts dazu. Auch die Pressefreiheit und dazugehörige Paragrafen der Strafprozessordnung werden nicht erwähnt.
Der Ermittlungsrichter hält in einem Beschluss aus dem Januar lediglich fest, die Überwachung der Pressestelle sei «erforderlich und unentbehrlich». Anders komme man nicht hinter die Geheimnisse der Letzten Generation.
Dabei hatte das LKA Bayern nur zwei Wochen zuvor festgehalten: «Erkenntnisse über bevorstehende Aktionen [...] konnten im Rahmen der Überwachung nicht festgestellt werden.»
Abgehörte Pressesprecherin: «Das ist so verstörend»
In einer Stellungnahme der Letzten Generation sagt die abgehörte 26-jährige Carla Hinrichs: «Ich führe ein super privates Telefonat mit meiner Mutter und da hört einfach jemand mit und protokolliert. Das ist so verstörend. Warum werde ich verfolgt?»
Der 64-jährige Winfried Lorenz sagt stellvertretend für die Bewegung: «Wir alle wussten von Beginn an, dass wir mit starkem Gegenwind rechnen müssen. Aber welches Ausmass das Vorgehen gegen uns annehmen würde, war uns nicht klar.»
Auch von den Grünen, der SPD und der Partei Die Linke hagelt es Kritik. Sie werfen verschiedenen Medienberichten aus Deutschland zufolge insbesondere Fragen zur Verhältnismässigkeit auf.
Bayrische Behörden führen Ermittlungen gegen die Letzte Generation
Die bayrischen Behörden verdächtigen die Aktivisten der Letzten Generation der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Vor einem Monat stürmten Polizisten in ganz Deutschland deshalb Wohnungen und Räumlichkeiten der Klimaaktivisten. Auch die Abhörmassnahmen stehen in Verbindung mit diesen Ermittlungen.