Amnesty International nach Tschirky-Festnahme in Belarus besorgt
SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky war in Belarus überraschend verhaftet worden. Amnesty International fordert von der Politik, aktiv zu werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Journalistin Luzia Tschirky ist am Sonntag in Minsk verhaftet worden.
- Weshalb dies geschehen ist, bleibt unklar.
- Amnesty International Schweiz beurteilt es als gefährlich, in Belarus zu arbeiten.
SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky hat bange Stunden hinter sich. In der belarussischen Hauptstadt Minsk wurde sie in einen Minibus gezerrt, auf eine Polizeistation gebracht und dort festgehalten.
Erst nach rund drei Stunden liessen die Beamten sie gehen. Nicht aber Tschirkys Bekannte und deren Mann. Diese wurde inzwischen in ein «Zentrum für Gesetzesbrecher» gebracht und sollen morgen vor Gericht gestellt werden. Was ihnen vorgeworfen wird, ist Tschirky immer noch unklar.
Guten Morgen aus #Minsk! Ich bin unterwegs an mein nächstes Interview. Ich warte weiterhin auf Nachrichten von meinen beiden Bekannten. Sie sollen heute oder morgen vor ein Gericht kommen. Was man ihnen vorwirft ist mir weiterhin unklar. #Belarus pic.twitter.com/fVxNAj58gf
— Luzia Tschirky (@LuziaTschirky) February 1, 2021
«Luzia Tschirky hatte grosses Glück», sagt Beat Gerber von Amnesty International Schweiz. Ihr Fall zeige ein weiteres Mal auf, wie gefährlich es zurzeit sei, in Belarus zu arbeiten. «Sie hatte zum Zeitpunkt der Festnahme ja nicht einmal gefilmt, sondern war nur spazieren, das ist unfassbar», so der Mediensprecher.
Doch Tschirky ist lange nicht die einzige, der so etwas passiert ist. «In Belarus gibt es hunderte von Journalisten, die unter die Repression fielen.» Eine der letzten Diktaturen Europas zeige ihr hässliches Gesicht.
Dass die Schweizer Botschaft in Tschirkys Fall so schnell und vehement reagiert habe, sei wichtig. «Oft entscheiden die ersten Minuten und Stunden darüber, wie ein Fall ausgeht.»
Muss das SRF seine Korrespondenten besser schützen?
Das Schweizer Fernsehen SRF kritisierte die mehrstündige Festnahme seiner Russland-Korrespondentin heftig. «Wir sind befremdet, dass unsere Korrespondentin auf offener Strasse und ohne Grund verhaftet worden ist und verurteilen dieses Vorgehen der Behörden von Belarus aufs Schärfste.»
Auch in den USA wurden jüngst SRF-Korrespondenten angegriffen. Thomas von Grünigen musste beim Angriff aufs Kapitol in Washington vor dem Trump-Mob flüchten. Peter Düggeli musste während den «Black Lives Matter»-Protesten eine Live-Schaltung unterbrechen, weil ihn ein Demonstrant störte.
Zuvor war ein SRG-Kamerateam in Minneapolis von der Polizei mit Gummischrot beworfen worden.
Muss das Schweizer Fernsehen seine Korrespondenten besser schützen?
Eine Frage, die man gemäss Beat Gerber nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten kann. «Will man keine blinden Flecken in der Berichterstattung, kommt man als Medium nicht drumherum, ein gewisses Risiko einzugehen.»
Gerber fordert jedoch von der Politik, Position zu beziehen. In den USA seien die Journalisten während Jahren als 'Fake News' diffamiert worden.
Die Angriffe auf die Presseleute waren das Resultat davon. «Die Politik darf diese Hetze nicht einfach so stehen lassen. Wehret den Anfängen!»
Amnesty International: «Schweizer Pass ist kein Schutz-Garant»
Der Schweizer Pass biete Journalisten in diversen Ländern wie Belarus einen gewissen Schutz. So war es auch im Fall von Luzia Tschirky. «Der Pass ist aber kein Schutz-Garant», betont Gerber von Amnesty International.
Angesichts des brutalen Repression und der absoluten Straflosigkeit für die Schergen Lukaschenkos brauche es eine internationale Strafjustiz. «Wir fordern von der Schweiz, dass sie sich in internationalen Gremien dafür einsetzt, dass Druck gemacht wird auf das Regime in Belarus.»
Die Willkür und Brutalität trifft nicht nur Journalisten, sondern auch die vielen friedlich Protestierenden, die sich gegen das Lukaschenko-Regime auflehnen. Gemäss neustem Bericht von Amnesty International werden sie gefoltert und erhalten oft tagelang keine Nahrung und Wasser.
Über 27'000 Personen sind zurzeit willkürlich inhaftiert.