Autofahrer erledigen Geschäft auf Land von Gotthard-Bauer
Die Verkehrsbelastung rund um den Gotthard nimmt seit Jahren zu. Die lokale Bevölkerung leidet besonders darunter.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Urner Bevölkerung leidet unter der immer grösseren Verkehrsbelastung am Gotthard.
- Ständiger Stau, Ausweichverkehr, Lärm und Müll senken die Lebensqualität der Anwohnenden.
- Die Lösungen der Politik seinen maximal «ein Pflaster» für die Verkehrsproblematik.
Aus dem Auto geworfener Müll, Wildpinkeln, ständiger Stau und lärmiger Ausweichverkehr: Rund um den Gotthard ist das Stauproblem in den letzten Jahren immer grösser geworden. Das belastet die Urner Bevölkerung stark, wie ein SRF-Dokfilm zeigt. Man habe genug von der immer grösseren Verkehrswalze und fordere von der Politik griffigere Massnahmen.
Müll wird aus den Fahrzeugen geworfen
Man werfe ihr Plastiksäcke, Glasflaschen, Aludosen und sogar Windeln auf ihren landwirtschaftlichen Betrieb an der Autobahn in Wassen UR. Das erzählt Maria Baumann gegenüber SRF.
Es komme auch regelmässig vor, dass Autofahrende ihr Geschäft auf ihrem Land verrichten, erzählt ihr Ehemann. «Für die Hunde hat man ein Säckli. Für die Leute hat man aber noch keines erfunden.»
Auch die Emissionen belasten die beiden – Maria Baumann klagt über Asthma. «Im Winter ist es weniger und im Sommer, wenn ich draussen bin, ist es mehr.» Die Luft stinke immer, der Verkehrslärm führe zu Kopfschmerzen.
Wegen Stau auf der Autobahn am Gotthard: Ausweichverkehr durch die Dörfer
Ähnliches berichtet auch Dorothea Baumann, Pflegefachfrau aus Intschi UR. Sie könne wegen der Lärmemissionen in den warmen Monaten ab 5 Uhr morgens nicht mehr schlafen. Auch das Gärtnern sei zur Belastung geworden, berichtet sie im Dok-Film. Es sei lärmig und man sehe im Augenwinkel ständig die vorbeifahrenden Autos – das ermüde schnell.
Anders als die Bauernfamilie aus Wassen belastet Dorothea Baumann aber nicht der Autobahn-Stau, sondern der Ausweichverkehr auf der Hauptstrasse. Der Verkehr habe in den 25 Jahren, die sie im Dorf lebe, massiv zugenommen. Da sie den Bus nehme, plane sie auch bis zu 30 Minuten mehr Zeit ein, um zur Arbeit zu kommen.
In Wassen ist der Ausweichverkehr indes eine Gefahr für Schulkinder und die Bewohnenden aus dem Seniorenzentrum. Gemeindepräsident Beat Baumann erklärt gegenüber SRF, ein Verkehrsplaner habe Berechnungen darüber angestellt, wie viel Verkehr das Dorf vertrage. «Ich persönlich weiss nicht, wie diese Zahl – 600 Fahrzeuge pro Stunde – zustande gekommen ist.»
Griffige Massnahmen gegen Ausweichverkehr gefordert
Forderungen nach griffigen Massnahmen gegen das Stauproblem am Gotthard und gegen den Ausweichverkehr werden immer lauter. «Wir haben immer mehr Verkehr durch Wassen», erklärt Django Bertschart, Geschäftsführer der Alpeninitiative, gegenüber SRF. Zwar sei das Dorf historisch immer ein Durchgangsort gewesen.
In den letzten Jahren habe der Autoverkehr aber immer mehr zugenommen. Der Ausweich-Verkehr rolle den Anwohnenden mitten durch «die Stube, das Schlafzimmer und den Garten», sagt Bertschart.
Ein Postulat des Urner Nationalrats Simon Stadler, das eine Maut für den Gotthard forderte, war 2023 abgelehnt worden. Für Jon Pult, Präsident der Alpeninitiative und SP-Nationalrat aus Graubünden, unverständlich: Man habe jetzt zwar Massnahmen für das Verkehrs-Management, das sei aber «Pflästerlipolitik».
Die Herbstferien nahen
Doch wie sieht die Lage in den Herbstferien aus? Auf Anfrage von Nau.ch sagt der TCS: Man erwarte keine langen Staus, da «die Herbstferien über einen längeren Zeitraum verteilt sind».
«Allerdings muss man tagsüber am Gotthard immer mit einem gewissen Stau-Risiko rechnen.» Im Normalfall seien es aber nicht mehr als drei bis fünf Kilometer. Personen, die trotz Stauprognose gegen Süden fahren wollen, rät der TCS: «Verkehrsnachrichten konsultieren und grundsätzlich lohnt es sich immer, frühmorgens oder spätabends zu fahren.»
Ausserdem könne die Wiederinbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels «eine gewisse Entlastung für den Strassentunnel sein».
SBB-Sprecherin Fabienne Wittwer sagt dazu, man könne noch keine zuverlässigen Prognosen über die Zug-Auslastung in den Herbstferien geben. «Erfahrungsgemäss ist die Nachfrage auf Zügen zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin stark wetterabhängig. Viele Reservationen werden erst kurzfristig getätigt.»
Dank der Wiederinbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels würden Reisende wieder schneller von der Deutschschweiz ins Tessin gelangen. «Das macht die Zugreise wieder attraktiver.» Zudem könne die Sitzplatz-Kapazität so täglich von 35'000 auf 40'000 Mitfahrende erhöht werden.