«Welthandelsorganisation überlebt nur, wenn sie agiler wird»
WTO-Chef Roberto Azevêdo verlässt seinen Posten als Generaldirektor. Laut ihm überlebt die Welthandelsorganisation aber nur, wenn sie agiler wird.
Das Wichtigste in Kürze
- WTO Chef Azevêdo verlässt sein Amt ein Jahr früher als geplant.
- Die Welt erlebt jetzt die grösste Rezession in Friedenszeiten.
Die Welthandelsorganisation (WTO) muss nach Überzeugung ihres scheidenden Generaldirektors Roberto Azevêdo deutlich agiler werden.
Sein Rat an seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger lautete am Donnerstag in Genf deshalb: «Sorgen Sie dafür, dass die Mitgliedsländer verstehen, dass sie schnell handeln müssen. Der Luxus der Zeit ist nicht auf unserer Seite. Die Welthandelsorganisation kann wie andere internationale Organisationen nur überleben, wenn die Mitgliedsländer schnell reagieren.»
Die Welt erlebe wegen der Coronavirus-Pandemie «die grösste Rezession in Friedenszeiten». Der Reflex sei, zunächst die eigene Umgebung zu schützen, das eigene Land, die engsten Partnerländer. Das sei nicht immer die Reaktion, die nötig sei, wenn eine Krise die ganze Welt betreffe.
Die Länder müssten sich bereits jetzt auf die nächste Krise vorbereiten. Sie müssen einen Mechanismus finden, der automatisch dafür sorge, dass in einer Krise allen geholfen werde.
Azevêdo über seine Zukunft ausserhalb von Genf
Azevêdo scheidet Ende August ein Jahr früher als geplant aus dem Amt aus. Er machte dafür persönliche Gründe geltend. Er habe mehrere Projekte vor sich, sagte er, ohne Einzelheiten zu nennen. Er werde aber nicht in Genf bleiben und nicht in seine Heimat Brasilien zurückkehren.
Seine Frau Maria Nazareth Farani Azevêdo ist Botschafterin Brasiliens bei den Vereinten Nationen in Genf. Ihr Name fiel in diplomatischen Zirkeln unter anderem im Zusammenhang mit einem möglichen Botschafterposten in Washington.
Wer wird neuer Generaldirektor der Welthandelsorganisation?
Um Azevêdos Nachfolge bewerben sich Kandidatinnen und Kandidaten aus Mexiko, Nigeria, Kenia, Ägypten, Südkorea, Saudi-Arabien, Moldau und Grossbritannien. Handelsdiplomaten in Genf glauben nicht, dass die Entscheidung über die Nachfolge vor den US-Wahlen am 3. November fällt. Präsident Donald Trump findet, die USA werden in der WTO unfair behandelt und er hat mit einem Austritt gedroht.
Die US-Regierung verlangt seit Jahren Reformen und blockiert deshalb die Besetzung wichtiger Stellen. Das wichtige Streitschlichtungsverfahren ist deshalb nur noch eingeschränkt handlungsfähig.