Claude Longchamp über das Tabakwerbeverbot
Eine Initiative will Tabakwerbung überall dort verbieten, wo sie Minderjährige erreichen könnte. Claude Longchamp erachtet den Ausgang der Abstimmung als offen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Februar stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über ein Tabakwerbeverbot ab.
- So soll Werbung für Zigaretten oder Snus, die Minderjährige erreicht, verboten werden.
- Für Claude Longchamp hat die Nein-Seite leichte Vorteile, der Ausgang ist aber noch offen.
Tabakwerbung, die auch Minderjährige erreichen kann, soll künftig verboten werden. Die Krebsliga, Jugendschutzorganisationen und andere Verbände haben eine Volksinitiative zum Thema eingereicht. Diese kommt am 13. Februar 2022 an die Urne.
Das Werbeverbot wäre umfassend: Kinos, Printmedien, Onlinewerbung, Plakate. Erlaubt wäre weiterhin gezielte Werbung für Erwachsene, beispielsweise an Orten, an denen nur Erwachsene zugelassen sind. Die Spaltung im Parlament war bei der Debatte klar: FDP, SVP und Teile der Mitte sind gegen das Anliegen. Grüne, SP und GLP unterstützen die Initiative.
Überparteilichkeit der Initianten vorteilhaft
Dass die Initiative nicht aus dem politischen Milieu stammt, sieht Claude Longchamp als Vorteil für die Befürworter: «Sie sind überparteilich, das ist bei einer Initiative nie zu unterschätzen.»
Zudem könnten die Verbände gut Spenden sammeln und langfristig ein Problembewusstsein schaffen, so der Politologe. Die Erfahrung mit politischen Kampagnen ist aber gering.
Ein Stolperstein für die Initiative sei die klassisch schweizerische, liberale Wirtschaftsordnung: «Werbung sollte erlaubt sein, Werbung ist im Sinne des Konsums, der Unternehmen, der Konsumentinnen und Konsumenten.» Das Schutzbedürfnis der Jugendlichen und der Gesundheit stehe aber in ambivalentem Verhältnis zu diesem Wirtschaftsverständnis.
Ähnlich wie bei der Pflegeinitiative sieht Longchamp eine Spaltung der Mitte beim Tabakwerbeverbot: «Im Parlament hat die Mitte-Fraktion zuungunsten der Initiative entschieden. In der Basis ist es aber ein bisschen offener.» Einzelne kantonale Parteien hätten «keck und frühzeitig» eine Ja-Parole beschlossen.
Dem Tabakwerbeverbot steht ein indirekter Gegenvorschlag des Bundesrats gegenüber. Dieser würde in automatisch in Kraft treten, wenn die Initiative abgelehnt würde. Oft würde dies den Initianten in die Hände spielen, kommentiert Longchamp: «Zu einem Viertel sagt man in der Argumentation: ‹Ja, die Initianten haben eigentlich recht. Aber der Weg ist der Falsche›.»
Für den Abstimmungssonntag erwartet Claude Longchamp eher ein Nein, vorausgesetzt, die Mitte-Partei bleibe bei ihrem Nein. Bei einer Ja-Parole oder auch einer Stimmfreigabe sei die Situation offen.