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«Voice of Europe»: Haben EU-Politiker Geld aus Russland erhalten?

Simon Binz
Simon Binz

Russland,

Ein verdächtiges Internetportal soll europäische Politiker mit Hunderttausenden Euro bezahlt haben – die Spuren führen nach Russland.

Wladimir Putin
Wladimir Putin führt einen hybriden Krieg gegen den Westen. Nun wurde eine neue Desinformationskampagne des Kremls aufgedeckt. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Westliche Geheimdienste haben eine russische Desinformationskampagne aufgedeckt.
  • Im Mittelpunkt steht die populistische Nachrichtenseite «Voice of Europe».
  • Über das Netzwerk soll auch Geld an europäische Rechtspolitiker geflossen sein.

Die tschechische Regierung hat eine grosse Einflussoperation Russlands gegen sechs EU-Länder aufgedeckt. Im Zentrum steht die Nachrichtenseite «Voice of Europe». Über das Netzwerk soll Geld geflossen sein. Doch alles der Reihe nach.

Wie der «Spiegel» berichtet, dominieren bei «Voice of Europe» polarisierende Themen. Vor allem solche, die gerne von Rechtsaussenparteien bedient werden: Proteste der Bauern gegen die Regierungen in Deutschland und Polen oder Migration nach Europa. Rechtspopulistische und rechtsextreme Politiker kommen in zahlreichen Interviews zu Wort.

Kennen Sie das Portal «Voice of Europe»?

Am Mittwoch hat die tschechische Regierung die «Voice of Europe» und seine mutmasslichen Hinterleute auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Ministerpräsident Petr Fiala sagte am frühen Nachmittag in einer Pressekonferenz an seinem Amtssitz in Prag: «Wir waren in der Lage, die Aktivitäten eines von Russland finanzierten Einflussnetzwerks in der Tschechischen Republik aufzudecken.»

Es soll Geld an Europawahl-Kandidaten geflossen sein

Fiala betonte, dass es Ziel des Netzwerks sei, die Politik in europäischen Ländern zu beeinflussen – im Sinne des Kremls. Die Vorwürfe, die die tschechischen Behörden gegen das Medienunternehmen und sein Netzwerk erheben, gehen aber noch weiter. Die «Voice of Europe» soll nämlich auch als Vehikel zur verdeckten Finanzierung von Europawahl-Kandidaten gedient haben, die Moskau genehm sind.

Nach Informationen des «Spiegels» soll das Geld entweder bei persönlichen Treffen in Prag übergeben oder per Kryptowährung transferiert worden sein. Es ist von insgesamt mehreren Hunderttausend Euro die Rede. «Deník», eine tschechische Tageszeitung, meldet, dass Politiker aus sechs europäischen Ländern von dem russischen Netzwerk bezahlt worden seien.

Voice of Germany Korruption
Das Internetportal «Voice of Europe» wird verdächtigt, Hunderttausende Euro an Kandidaten der Europaparlamentswahl gezahlt zu haben. - picture alliance / Franziska Kraufmann/dpa

Mit Verweis auf Informationen aus Geheimdienstkreisen schreibt die Zeitung: «Konkret handelt es sich um Politiker aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden und Ungarn.» Ausdrücklich wird auch die AfD genannt, allerdings keine Namen einzelner Politiker.

Hinter «Voice of Europe» steckt Putin-Freund Medwedtschuk

Nach Informationen des «Spiegels» waren an der Enttarnung der russischen Einflussoperation ein halbes Dutzend europäische Geheimdienste beteiligt. Nach ihrer Einschätzung soll hinter «Voice of Europe» Wiktor Medwedtschuk stehen. Medwedtschuk ist ein prorussischer Oligarch ukrainischer Herkunft, der als enger Freund von Wladimir Putin gilt. Artem Martschewskyj, ein ehemaliger Produzent eines prorussischen Senders in der Ukraine, soll faktisch das Geschäft von «Voice of Europe» geleitet haben.

Medwedtschuk war einst in der Ukraine ein mächtiger Mann. Ende der Neunzigerjahre wurde er mit Öl- und Gasgeschäften reich, ab 2002 leitete er die Präsidialverwaltung des damaligen Präsidenten Leonid Kutschma. Nach der Orangen Revolution vertrat er das prorussische Lager.

Ukraine-Krieg
Wiktor Medwedtschuk und Wladimir Putin (Archiv): Der ukrainische Oligarch und der Kreml-Chef gelten als enge Freunde. - SPUTNIK/AFP

Der Oligarch mit ukrainischen Wurzeln gehört zum engsten Zirkel des russischen Präsidenten, er ist gar Taufpate von Putins jüngster Tochter. Im April 2022 wurde Medwedtschuk von Spezialkräften in Kiew festgenommen, nachdem er sich kurz nach Beginn der Russen-Invasion dem Hausarrest entzogen hatte und untergetaucht war. Später erkannte ihm Präsident Selenskyj die ukrainische Staatsbürgerschaft ab.

In einem Gefangenenaustausch im September vergangenen Jahres wurde Medwedtschuk schliesslich an Moskau überstellt. Seitdem scheint der Oligarch seinen Freund Putin von Moskau aus im hybriden Krieg gegen den Westen tatkräftig zu unterstützen.

Ziel war es, «propagandistische Aktivitäten zu fördern»

Die Tschechen schreiben zur Begründung ihrer Sanktionen, dass Medwedtschuk und sein Vertrauter Martschewskyj, «Voice of Europe» in mehreren EU-Mitgliedstaaten «zur verdeckten finanziellen Unterstützung ausgewählter Personen unter den Kandidaten für die Wahlen zum Europäischen Parlament» genutzt haben. Ziel sei es unter anderem, «propagandistische Aktivitäten zu fördern», die sich gegen die Ukraine richteten.

Wie es weiter zu den Sanktionen in Tschechien heisst, soll die Seite «Voice of Europe» von Medwedtschuk «verdeckt finanziert» worden sein. Effektiv verwaltet habe das Medienunternehmen Martschewskyj. Die Internetseite und die Social-Media-Accounts auf Facebook, X und Youtube dienten der «aktiven Verbreitung von Desinformation und Propaganda».

Logo der Onlineplattform «Voice of Europe». - Voice of Europe/Youtube

Die neuen Enthüllungen der tschechischen Behörden und ihrer europäischen Partnerdienste werfen Fragen auf: Welche Gesprächspartner von «Voice of Europe» wurden mit Geld bedacht? Und was genau wurde als Gegenleistung erwartet?

Kommentare

User #5539 (nicht angemeldet)

Verzell du das em Fährima.

User #3246 (nicht angemeldet)

wer glaubt wir selig......siehe corrective...alles erfunden...

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