Grosser Sieger Albert Rösti: «Bin kein 1½-facher Bundesrat»
Er ist gegen die eigene Parteispitze angetreten und hat hochaus gewonnen: Bundesrat Albert Rösti über halbe Bundesräte, AKWs und widerspenstige Gemeinden.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrat Albert Rösti ist der grosse Sieger des Abstimmungssonntags.
- Gegen die eigene Parteispitze durchgesetzt: Ist er nun doch kein «halber Bundesrat»?
Stellt sich ein SVP-Bundesrat gegen die eigene Partei, kursiert schnell einmal die Vorahnung «der wird wohl bald ‹halber Bundesrat› genannt». Meist sagen das heutzutage Personen von ausserhalb der SVP, auch wenn die SVP den Ausdruck geprägt hat. Damals, als Samuel Schmid nur noch ein «halber Bundesrat» war, aus der Partei ausgeschlossen und zum Mitbegründer der BDP wurde.
Albert Rösti: Halber oder anderthalber Bundesrat?
Beim Stromgesetz musste SVP-Bundesrat Albert Rösti gegen die eigene Partei antreten: Insbesondere die Parteispitze hatte derart intensiv für ein Nein geweibelt, dass auch ein Grossteil der SVP-Fraktion ins Nein-Lager kippte. Doch am gestrigen Abstimmungssonntag stand Rösti als grosser Sieger da: Über zwei Drittel Ja-Stimmen für «sein» Stromgesetz. Auch einen grossen Teil der SVP-Basis dürfte er mitgezogen haben.
Gegen die eigene Partei überzeugen gewonnen – ist er nun statt ein halber ein anderthalbfacher Bundesrat? Es fühle sich jedenfalls ganz gut an, aber er sei beides nicht, übt sich Rösti in Demut. «Das Argument, dass wir mehr Strom brauchen in der Schweiz, das hat verfangen.» Darum sei der Gewinner letztendlich der Stromkonsument – und eben nicht der Energieminister.
Kein «Rösti-Graben» in der SVP
Das gegenseitige Einvernehmen innerhalb der SVP scheint jedenfalls nach wie vor gut zu sein. Kein parteiinterner «Rösti-Graben» also? «Nein, im Gegenteil – ein Grossteil der SVP stand ja wie gesagt hinter diesem Gesetz», betont Rösti. Den «Rösti-Graben» habe es eigentlich nie gegeben, nur «sachliche Auseinandersetzungen».
Wenn das bloss keine unterschiedlichen Wahrnehmungen sind – denn diese scheinen beim Stromgesetz schon fast miteingebaut zu sein. Was denn nun dank oder trotz Stromgesetzt in Zukunft passiert oder passieren sollte, da scheiden sich die Geister.
AKW Beznau soll noch 10 Jahre laufen
So propagierten die einen Befürworter wie die Nationalräte Christian Wasserfallen (FDP/BE) und Christian Imark (SVP/SO) postwendend mehr Atomstrom. Denn das Stromgesetz alleine reiche nicht, den nationalen Strombedarf abzudecken. Ganz anders Greenpeace: Das Abschalten des AKW Beznau sei der nächste logische Schritt, schreiben die Umweltschützer zum Abstimmungsergebnis.
«Die Bevölkerung hat nichts über AKW entschieden», stellt Albert Rösti klar. Der Zeithorizont für den Zubau von erneuerbarem Strom dank Stromgesetz sei aber etwa 10 Jahre. Also brauche man die 6 TWh aus Beznau bis dann noch. «Ich bin froh, dass die Axpo prüft, was man machen muss, um das Werk weiterzuführen.»
Widerstand in Gemeinden: Rösti bleibt gelassen
Die Abstimmungssieger fordern, bei so vielen Ja-Stimmen müsse man jetzt auch zurückhaltend sein mit Einsprachen gegen Kraftwerke. Die Abstimmungsverlierer gehen aber davon aus, dass der «Widerstand ungebremst» sein werde – nämlich in den Gemeinden. Diese würden sich wehren, neu zum Standort für Windräder und Solarkraftwerke zu werden.
«Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, die Mehrheit der Gemeinden mit solchen Projekten diesen zustimmen», erklärt Albert Rösti. 30 bis 40 Prozent lehnten sie ab, aber das gelte es zu akzeptieren. Immer wieder wird auch versucht, präventiv Windkraft-Projekte zu verhindern, mit Mindestabständen, die Windräder de facto verunmöglichen. «Ich gehe davon aus, dass dies eine Minderheit sein wird», beschwichtigt Rösti.