Kann Joe Biden jetzt «durchregieren»?

Philip Schären
Philip Schären

USA,

Die Demokraten haben neu die Mehrheit im Kongress inne. Für Joe Biden ist das ein grosser Vorteil. Er darf sich aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Joe Biden
Joe Biden wird in weniger als zwei Wochen als neuer US-Präsident inauguriert. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zeichen für eine erfolgreiche Amtszeit von Joe Biden stehen gut.
  • Seine demokratische Partei ist in beiden Kongresskammern in der Mehrheit.
  • Allerdings birgt dies auch Gefahren, zeigt das Beispiel von Barack Obama.

Am Mittwoch sorgt Georgia erneut für eine Überraschung. Nachdem im Bundesstaat im November Joe Biden gewählt wurde, erhalten auch die demokratischen Senats-Kandidaten die Mehrheit der Stimmen. Für Joe Biden sind die beiden Wahlerfolge von Raphael Warnock und Jon Ossoff immens wichtig.

Joe Biden
Joe Biden an einer Werbeveranstaltung für die demokratischen Senats-Kandidaten Jon Ossoff (links) und Raphael Warnock (rechts). - Keystone

Der designierte US-Präsident kann nun auf eine Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus zählen. Im Senat stellen beiden Parteien zwar 50 Senatoren. Die neue Vizepräsidentin Kamala Harris ist von Amtes wegen aber Vorsitzende der Kammer. Und sie wird bei Stimmengleichheit zugunsten der Demokraten entscheiden können.

Erfolgreiche Gesetzgebung unter Joe Biden

Bidens Macht ist gross: Das Vetorecht des Präsidenten, die Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus – alles ist in demokratischen Händen. Somit können Personalentscheidungen für die Regierung und allenfalls für Richterposition nicht gross angefochten werden.

Kamala harris
Die Vizepräsidentin Kamala Harris wird auch die Vorsitzende des Senats sein. - Keystone

Für die Gesetzgebung sind die einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus, im Senat und die Zustimmung des Präsidenten nötig: In diesen Bereichen dürften die Demokraten keine schwerwiegenden Probleme haben. Durchregieren wird dennoch nicht möglich sein.

Für das wäre im Senat eine 60-Sitze-Mehrheit nötig – eine sogenannte «Super-Majority». Jetzt kann die republikanische Minderheit filibustern. Sprich die Senatoren können in den nächsten Monaten die Entscheidungen durch dutzende Reden verzögern oder gar verhindern.

Nächste Wahlen in einem Jahr

Bidens Vorteil könnte ohnehin bereits nach zwei Jahren wieder zu Ende sein. Ende 2022 stehen die nächsten Midterm-Wahlen auf dem Programm. Die Republikaner könnten alles wieder auf den Kopf stellen. Joe Biden muss also mit Bedacht seine politische Linie wählen.

Barack Obama
Barack Obama war US-Präsident von 2009-2017. - Keystone

Denn: Die Geschichte der US-Politik zeigt, dass es für die Partei des Präsidenten schwierig ist, die Kongress-Wahlen zu gewinnen. Das Szenario, das es für ihn zu verhindern gilt, musste sein demokratischer Vorgänger Barack Obama über sich ergehen lassen.

Republikaner blockieren Obamas Vorstösse

Die Demokraten hatten ab seinem Amtsantritt sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat eine Mehrheit. Obama konnte dank dieser Situation sein Gesundheitsprogramm «Obamacare» im Gesetz verankern.

Bei den Midterm-Elections 2010 wurde das Gesundheitsgesetz aber zum grossen Knackpunkt. Die Republikaner nutzten es in den Wahlkampfveranstaltungen zu ihren Gunsten. Und konnten dadurch den Senat zurückerobern. In den folgenden Jahren litt Obama enorm unter der Minderheit der eigenen Partei im Senat.

Barack Obama
In der zweiten Amtszeit waren Barack Obama nahezu die Hände gebunden. - Keystone

Die republikanischen Senatoren setzten nach der Wahl auf eine Blockade-Politik. Diese Strategie der republikanischen Senatoren nahm Obama den Wind aus den Segeln. Der heute 59-Jährige musste vermehrt mit Dekreten seine Wahlversprechen durchbringen. Das Land begann sich durch das Verhalten der Politik zu spalten.

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