Autobahn-Ausbau: SP sieht Rösti-Desaster, SVP will billigeres Benzin
Die Parteipräsidien von SP und SVP ziehen zwar unterschiedliche Schlüsse aus dem Nein zum Autobahn-Ausbau. Gemeinsamkeiten gibt es aber im Ansatz.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Nein zum Autobahn-Ausbau sei auch eine Botschaft des Stimmvolks am Bundesrat Rösti.
- So jedenfalls die Interpretation von SP-Co-Präsident Cédric Wermuth.
- SVP-Präsident Marcel Dettling sieht dies anders, lobt aber die Kampagne der Linken.
Verkehrsminister Albert Rösti will nach der verlorenen Abstimmung über den Autobahn-Ausbau auch bei sich selbst Fehler suchen. So kündigt er dies jedenfalls im Nau.ch-Interview an – und immerhin war es auch etwas «sein» Projekt. Ist das Nein des Stimmvolks also auch eine persönliche Niederlage für den SVP-Bundesrat?
SP-Wermuth: «Das ist ein Desaster»
«Nein», findet SP-Co-Präsident Cédric Wermuth, «das ist keine persönliche Niederlage, das ist ein Desaster, das Bundesrat Rösti eingefahren hat.» Denn Rösti habe gleich auf drei Ebenen einstecken müssen.
«Erstens, die Bevölkerung hat den Versuch, die Klimapolitik wieder rückgängig zu machen, abgelehnt», beginnt Wermuth mit der Aufzählung. Zweitens akzeptiere die Bevölkerung auch Röstis Methoden nicht: «Informationen unterdrücken, Berichte nicht herausgeben, Unwahrheiten erzählen.»
Und drittens: «Die Bevölkerung hat gesagt, kümmert euch endlich um die Probleme, die wir wirklich haben. Wenn 5 Milliarden herumliegen und die Krankenkassenprämien explodieren, sind die Prioritäten falsch.»
SVP-Dettling ist beeindruckt von linker Kampagne
Um die wirklichen Probleme kümmern: Das ist genau die Botschaft, die auch SVP-Präsident Marcel Dettling vom Stimmvolk gehört zu haben glaubt. «Das war ein Hilfeschrei der Bevölkerung an Bundesbern, macht endlich etwas gegen die überbordende Zuwanderung.»
Dass die Person Rösti für die Abstimmungsniederlage mitverantwortlich war, glaubt Dettling nicht. Dessen Vergangenheit als Öl- und Auto-Lobbyist sei nie Thema gewesen. Aber statt Symptom- wolle die Bevölkerung Ursachenbekämpfung, lässt sich die SVP-Analyse zusammenfassen: «Macht endlich mal etwas gegen die Zuwanderung, vorher winken wir solche Projekte nicht mehr einfach durch.»
Auch den oft gehörten Vorwurf, Bundesrat und Parlament hätten das Ohr zu wenig bei der Bevölkerung, weist Dettling zurück. Obwohl die Linken in letzter Zeit fast reihenweise Referenden und Initiativen durchbringen. «Nein, aber wir können bei den Linken etwas abkupfern, nämlich Abstimmungskampf», meint SVP-Chef Dettling. Das könne man neidlos anerkennen.
Neidlos, aber auch selbstkritisch: «Wir gehen auf der bürgerlichen Seite gelähmt in solche Abstimmungsfragen hinein. Die andere Seite ist geschlossen und kämpferisch.»
Voller Strassenfonds: Wohin nun mit dem Geld?
Das Volk hat gesprochen, die sechs Autobahn-Projekte werden nun nicht gebaut. Das Geld dafür wäre aus dem Strassenfonds gekommen, der von der Mineralölsteuer gespeist wird. Dort bleiben die Milliarden nun.
«Jetzt haben wir volle Kassen», betont SVP-Dettling. Die Auto- und Lastwagenfahrer hätten eingezahlt, damit eben solche Engpassbeseitigungen gemacht werden. Nun sei es wie wenn man im Restaurant Kaffee bestelle, bezahle, und nichts erhalten: «Da bezahlen Sie am Schluss auch nicht für etwas, das sie nicht bekommen.»
Günstigeres Benzin…
Deshalb wäre die SVP dafür, die Benzinsteuer zu kürzen. Auch eine Verkürzung des Nachtfahrverbots, wie von der FDP vorgeschlagen, wolle man prüfen.
«Denn irgendwie müssen wir diesen Verkehr stemmen können», sagt Dettling. «Damit jeder am Morgen sein Glas Milch, seine Früchte, seine Lebensmittel auf dem Tisch hat.»
… oder günstigerer ÖV?
Die Verkehrsprobleme lösen will auch SPler Wermuth. Ziel müsse sein, dass diejenigen, die die Autobahnen wirklich brauchten auch Platz hätten: «Das ist primär die Logistik, das Gewerbe», so Wermuth. Also müsse man es für alle anderen attraktiver machen, umzusteigen.
«Da kann man mit Agglomerationsprogrammen, die man mit diesem Geld auch machen kann, viel erreichen», glaubt der SP-Co-Chef. «Und ich bin der Meinung, die ÖV-Preise sind in diesem Land immer noch zu hoch.»