Donald Trump: Darf er sich vor Amtszeit-Ende selbst begnadigen?
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Ende seiner Amtszeit ist Donald Trump strafrechtlich wieder voll belangbar.
- Offenbar spielt der 74-Jährige mit dem Gedanken, sich vorher noch selbst zu begnadigen.
- Experten des US-Justizsytems sind sich uneinig, ob dies verfassungswidrig wäre.
Mit aller Macht hat sich Donald Trump gegen seine Wahlniederlage gestemmt. Seit Joe Biden von US-Medien zum Wahlsieger erklärt wurde, spricht er regelmässig von einem angeblichen «Wahlbetrug» und einer «gestohlenen Wahl».
Das kulminierte am Mittwoch darin, dass seine Anhänger am Mittwoch das Kapitol stürmten. Zuvor hatte der US-Präsident bei einer Rede der Menge zugerufen, sie sollten zum Kapitol gehen und «kämpfen wie verrückt». Ausgerechnet an dem Tag, als der US-Kongress Bidens Wahlsieg offiziell bestätigen sollte.
Erst 30 Stunden nach der Stürmung des Kapitols verurteilte der 74-Jährige die Aktion seiner Anhänger. Zudem versprach er, eine «reibungslose, geordnete und nahtlose Machtübergabe zu gewährleisten». Diese findet am 20. Januar statt.
Donald Trump drohen nach Präsidentschaft klagen
Damit verbleibt Donald Trump keine zwei Wochen mehr im Amt. Offenbar spielt er nun mit dem Gedanken, sich vorher noch selbst zu begnadigen, wie US-Medien berichten. Viele seiner Vertrauten hat er bereits begnadigt. Das Recht, Begnadigungen auszusprechen, haben auch frühere Präsidenten wie die Demokraten Bill Clinton und Barack Obama kurz vor Amtsende genutzt.
Doch in der Geschichte der USA hat sich noch nie ein Präsident selbst begnadigt. Dementsprechend ist auch die Rechtsgrundlage dafür unklar. Klar ist: Ohne Begnadigung kann Donald Trump nach dem 20. Januar wieder strafrechtlich belangt werden.
Es könnten ihm Klagen aus verschiedenen Gründen drohen: Etwa wegen Beeinflussung der Justiz und von Zeugen oder – wie im Fall der Kapitol-Stürmung – Anstiftung zu Straftaten. Der amtierende Staatsanwalt von Washington D.C. hat Ermittlungen gegen Trump bei der Aktion vom Mittwoch nicht ausgeschlossen.
Selbst-Begnadigung wäre Fall für den Obersten Gerichtshof
Eine Selbst-Begnadigung würde Donald Trump genau vor solchen Szenarien schützen. Experten des US-Justizsystems sind sich uneinig, ob eine Selbst-Begnadigung rechts- beziehungsweise verfassungswidrig wäre. In der Verfassung der USA steht dazu jedenfalls nichts.
Es gibt einzig ein Memorandum des Justizdepartements aus dem Jahr 1974: In diesem steht, dass so etwas nicht möglich sein sollte. Dabei wird argumentiert, dass rechtlich gesehen niemand der Richter über sich selbst sein sollte. Doch das ist kein Gesetz, sondern lediglich eine juristische Meinung. Am Ende müsste der Oberste Gerichtshof darüber entscheiden, ob eine Selbst-Begnadigung rechtens wäre.
Aus Sicht der US-Demokratie und US-Justiz wäre eine Selbst-Begnadigung aber ein gefährlicher Präzedenzfall. Es würde zeigen, dass Präsidenten über dem Gesetz stehen. Und, dass sie für während der Amtszeit begangene Straftaten nicht zur Verantwortung gezogen werden können.
Rücktritt und Begnadigung durch Pence eine Option
Für Donald Trump gäbe es bei einer Selbst-Begnadigung ein weiteres Problem: Es würde zumindest einem teilweisen Schuldeingeständnis gleichkommen. Bereits vor zweieinhalb Jahren schrieb der US-Präsident auf Twitter, er habe das Recht, sich selbst zu begnadigen. «Aber warum sollte ich das tun, wenn ich nichts Falsches gemacht habe», fragte sich Trump bereits damals.
Alternativ könnte Donald Trump auch vor Ende der Amtszeit zurücktreten und seinen Posten an Vize-Präsident Mike Pence abtreten. Dieser hätte dann die Möglichkeit, Trump zu begnadigen. So hat es bereits 1974 Gerald Ford getan, nachdem Richard Nixon wegen der Watergate-Affäre zurückgetreten war.
Ob Pence dies tun würde, ist aber fraglich: Trumps Vize gehört zu jenen, die sich vor Kurzem vom Präsidenten abgewandt haben. Gemäss US-Medien herrscht momentan Funkstille zwischen ihnen. Zudem könnte Pence mit einer Begnadigung Trumps allenfalls seine restliche politische Karriere auf das Spiel setzen. Denn er gilt weiterhin als möglicher zukünftiger Präsidentschaftskandidat der Republikaner.